Destabilisiert Deutschland die Weltwirtschaft?
Die Deutschen zahlen sich ihr Exportwunder teilweise selbst.
Der Chefökonom der Weltbank hat Deutschland wieder einmal beschuldigt, mit seinen rekordhohen Leistungsbilanzüberschüssen die Weltwirtschaft zu destabilisieren. Und die Deutschen aufgefordert, dieses Ungleichgewicht durch mehr Importe und Investitionen abzubauen.
Da ist natürlich was dran. Riesige Leistungsbilanzüberschüsse sind ein volkswirtschaftliches Risiko. Nicht zuletzt für die Deutschen selbst. Denn Leistungsbilanzüberschüsse erzeugen „Auslandsvermögen“, das aus bloßen Forderungen besteht. Die können eingelöst werden – oder auch nicht. Letzteres trifft wohl für jene Hälfte des unterdessen auf rund zwei Billionen Euro angewachsenen deutschen Auslandsvermögens zu, das aus Forderungen an das EZB-Clearingsystem Target2 besteht.
Diese eine Billion an deutschen Target-Forderungen kann weder durch die EZB noch durch die HauptSchuldner in diesem System, Italien (500 Mrd. Euro Verbindlichkeiten) und Spanien (400 Mrd. Euro) abgedeckt werden. Soll sie auch gar nicht: Target2 ist das einzige Clearingsystem der Welt, in dem regelmäßiger Saldenausgleich explizit nicht vorgesehen ist. U nd das ist ein immer noch viel zu wenig gewürdigter Skandal. Die Bundesbank finanziert auf diese Weise de facto ungefragt die Leistungsbilanzdefizite des Club Med.
Und nein, diese Salden sind nicht, wie Notenbanker beschwichtigend meinen, bloße Ziffern ohne Relevanz. Es handelt sich um ganz konkrete Verbindlichkeiten und (de facto uneinbringliche) Forderungen, die im Falle eines Zerbrechens des Euro oder des Austritts eines Euro-Mitglieds schlagend würden.
Target2 ist gelaufen. Da bleibt nur die Hoffnung, dass sich die Finanz- und Warenströme einmal umdrehen und von selbst für Ausgleich sorgen. Was aber dringend benötigt wird, ist, wie das der deutsche Ökonom Thomas Mayer neulich verlangt hat, der Umstieg auf ein neues „Target3“mit dann verpflichtendem regelmäßigem Saldenausgleich. So, wie es in jedem normalen Clearingsystem der Welt üblich ist. Das wäre ein wirklicher Beitrag zu Transparenz und Stabilität.