Als 27 Psychologen Donald Trump untersuchten
Das Buch „Wie gefährlich ist Trump?“soll eine Warnung vor dem US-Präsidenten sein. Nützlich ist es eher als Warnung vor Psychiatern. Auch dem US-Volk wird hier eine beginnende „TrumpAngststörung“attestiert.
Kein Wunder, dass das Buch „The Dangerous Case of Donald Trump“, als es 2017 erschien, Aufsehen erregte: Dass sich 27 Psychiater, Psychologen und Therapeuten zusammentun, um einem Staatschef einen für die Welt gefährlichen seelischen Zustand zu attestieren, war ein in der US-Geschichte einmaliges Ereignis. Man kannte das bisher nur von einem Präsidentschaftskandidaten, vor über einem halben Jahrhundert: 1964 veröffentlichte ein Magazin eine Umfrage, der zufolge über tausend Psychiater Barry Goldwater für „psychologisch ungeeignet“für das Amt erklärten. Jahre nach Goldwaters Niederlage wurde die Zeitschrift wegen Verleumdung verurteilt, und die American Psychiatric Association erließ die Goldwater-Regel – die Veröffentlichung psychiatrischer und psychologischer Gutachten ohne persönliche Untersuchung sei unethisch.
Nun ist das Buch auf Deutsch erschienen, aus dem Titel-Statement wurde eine Frage: „Wie gefährlich ist Donald Trump?“. Sehr, besagt das Buch, das eine Reihe von Ferndiagnosen bringt. Psychiater Leonard L. Glass betont, dies seien keine „professionellen Meinungen“, sondern „Meinungen von Profis“. Ein anderer spricht von „Experten, die Zeugnis ablegen“.
Da springt also ein gewisser Steve Wruble zwischen Bekenntnissen seiner eigenen Vaterprobleme und denen Trumps hin und her – deren Beschaffenheit er mithilfe von Zeitungsberichten und Zeitungs-Interviews analysiert hat. Andere bescheinigen dem US-Präsidenten „ungezügelten Gegenwarts-Hedonismus“, krankhaftes Misstrauen, eine Missbrauchsbeziehung zur Bevölkerung und natürlich Narzissmus. Der Öffentlichkeit wiederum wird eine sich entwickelnde „Trump-Angststörung“attestiert.
Der Präsident sei „krank und schädlich“, heißt es einmal, ein andermal „böse und verrückt“(Material für diese Diagnosen liefern auch hier Zeitungsartikel). Churchill wurde freilich sogar eine bipolare Störung attestiert, Abraham Lincoln eine depressive Erkrankung – beide gingen nicht als unfähige Präsidenten in die Geschichte ein. Mehrere in diesem Buch betonen aber ohnehin, dass sie den Präsidenten nicht für psychisch krank halten, bzw. dass diese Frage nicht zu klären sei, weil sie ja eine seriöse Untersuchung erfordern würde: Doch das sei auch nicht wichtig, es gehe vielmehr um „bösartige Normalität“; um „Ge- fährlichkeit“, meint ein anderer – und um diese zu erkennen, brauche es keine psychologische Berufserfahrung. Das Gefährliche sei Trumps „Impulsivität“, sein Beharren auf der eigenen Unfehlbarkeit, sein Vergeltungsstreben und seine grundlose (Selbst-)Gewissheit“. Aus diesem Befund, für den es tatsächlich keinen Psychologen gebraucht hätte, folgt eine selbstgewisse Behauptung: dass Trumps „psychologischer Stil definitiv verhindert, dass er jemals vernünftige Entscheidungen treffen wird“.
Gewiss ist hier eines: Da haben Psychologen ihre Autorität missbraucht und selbst ein psychologisches Exempel abgeliefert: dafür, wie leicht wir dazu neigen, auf seriöses Denken zu verzichten – sobald etwas unsere eigene Meinung bestätigt.