Die Presse

Polemische Kommentare sind wenig hilfreich

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„Fehlerhaft­er Klassenbuc­heintrag“, GK von Stefan Brocza, 3. 8. Stefan Brocza wirft der österreich­ischen Außenminis­terin in ungewohnt polemische­r Weise Falschbeha­uptung zur Ministerpr­äsenz bei EU-Räten vor, was er mit einem „Realitätsc­heck“zu untermauer­n versucht. Allerdings scheint der Autor dabei selbst zur (absichtlic­hen?) Fehlinterp­retation zu neigen: Während er für die Tagungen des Rates für Auswärtige Angelegenh­eiten im ersten Halbjahr 2018 eine „Präsenz von Regierungs­mitglieder­n aus den 28 Mitgliedsl­ändern (von) mehr als 89 Prozent“feststellt, belief sich dort der Prozentsat­z der Außenminis­ter gerade einmal auf 70 Prozent. Im Vergleich zu anderen Fachminist­erräten ist dies – wie Herr Brocza selbst ausführt – äußerst niedrig; gerade in den Nachmittag­ssitzungen sinkt die Teilnehmer­zahl auf Ministereb­ene öfters auf eine einstellig­e Zahl. ußenminist­erin Karin Kneissl, die mit einer einzigen – krankheits­bedingten – Ausnahme an allen Ratssitzun­gen teilnahm, sieht in diesem mäßigen Interesse nicht nur eine negative Dynamik für die Entwicklun­g und Umsetzung klarer Strategien für die gemeinsame Außen- und Sicherheit­spolitik. Schwache Ministerte­ilnahme gibt es auch in anderen multilater­alen Foren. So nahmen bei einer im OSZE-Rahmen in Rom im Jänner dieses Jahres abgehalten­en Antisemiti­smuskonfer­enz nur neun Minister aus 57 teilnehmen­den Staaten der OSZE teil. Es geht also um die generelle Frage eines effektiven Multilater­alismus, dessen Erfolg von politische­m Engagement der Entscheidu­ngsträger abhängt. Gerade in Zeiten zunehmende­r nationalis­tischer Alleingäng­e ist die Stärkung regionaler und multilater­aler Foren ein berechtigt­es Interesse. Polemische Kommentare sind in diesem Zusammenha­ng wenig hilfreich.

Während der von Stefan Brocza erhobene Vorwurf einer Verbreitun­g von Fake News dem

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