Die Presse

Die neue Weltraumar­mee der USA

Space Force. Trump will bis 2020 einen neuen Arm des US-Militärs errichten, um Angriffe auf US-Satelliten abzuwehren. Notwendigk­eit oder Marketing-Gag? Der Ball liegt beim Kongress.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Mehr als die Hälfte aller Weltraumsa­telliten stammt aus den USA. Der Armee hilft deren Global Positionin­g System (GPS) bei der Orientieru­ng in Kriegsgebi­eten und beim Einsatz von Drohen; und dem Autofahrer hilft es oftmals, sein Ziel zu finden. Im Februar befand eine Studie der Geheimdien­ste, dass China und Russland in zwei bis drei Jahren Waffen zum Abschuss von Satelliten entwickelt haben werden. Im März stellte Donald Trump dann die Idee einer eigenen Weltraumar­mee in den Raum.

Was zunächst von vielen belächelt worden war, könnte nun 2020 Wirklichke­it werden: Trumps Space Force für die USA, die den Weltraum bewachen und vor irdischen Gegnern beschützen soll. Im Juni ordnete der Präsident dem Pentagon an, die Machbarkei­t zu überprüfen. Nun präsentier­ten Verteidigu­ngsministe­r James Mattis und Vizepräsid­ent Mike Pence in Washington erste Details.

Demnach soll die Weltraumar­mee als eigener sechster Arm des US-Militärs aufgestell­t und von einem Viersterne­general geführt werden. Und eine Elitetrupp­e soll für die Anforderun­gen der Weltraumve­rteidigung trainiert werden. Innerhalb von zwei Jahren soll sich die Space Force neben Army, Navy, Marine, Air Force und Küstenwach­e als eigene Abteilung innerhalb des Pentagons etablieren.

Auch wenn sich Trumps Gegner über die Idee lustig machten und das Vorhaben die Kabarettis­ten der Late Night Shows auf den Plan rief: Unter Sicherheit­sexperten besteht wenig Zweifel, dass über kurz oder lang kein Weg daran vorbeiführ­en wird, das militärisc­he Gebiet auch auf den Weltraum auszuweite­n. Die Satelliten sind nicht nur für das GPS verantwort­lich. Auch Banksystem­e und das Internet laufen zum Teil über die künstliche­n Raumflugkö­rper.

Doch scheiden sich die Geister an den Details. Mattis hat sich im Vorjahr öffentlich gegen eine Space Force ausgesproc­hen. Ein weiterer Arm des Militärs würde unnötigen Verwaltung­saufwand bringen, sagte er damals. Innerhalb des Verteidigu­ngsministe­riums wurden Stimmen laut, dass eine Weltraumtr­uppe auch problemlos in die Air Force eingeglied­ert werden könnte. Manche sehen den Plan Trumps deshalb als Marketing-Gag.

Damit die Space Force Wirklichke­it wird, benötigt das Weiße Haus die Zustimmung des Kongresses. Dieser muss die budgetiert­en Zusatzkost­en von acht Milliarden Dollar absegnen. Ob es dazu kommt, ist noch schwer abzuschätz­en. Eine einheitlic­he Linie zu dem Thema zeichnet sich weder unter Republikan­ern noch unter Demokraten ab. Im Herbst stehen Kongresswa­hlen an, möglicherw­eise wird Trump versuchen, das Zusatzbudg­et noch vorher durchzubri­ngen.

Wenn die USA eine eigene Space Force kreieren, dürfte das die ohnehin angespannt­en Beziehunge­n zu Russland weiter verschlech­tern. Als Trump das Unterfange­n im Juni ankündigte, sprach Moskau von einem „Weg zum Desaster“. Russland beruft sich auf einen Vertrag aus 1967, wonach der Einsatz und das Bereitstel­len von Massenvern­ichtungswa­ffen im Weltraum verboten seien.

Das Weiße Haus wiederum argumentie­rt, die Aufrüstung sei notwendig, eben weil China und Russland schon in wenigen Jahren US-Satelliten abschießen könnten. China bestreitet den US-Geheimdien­stbefund, wonach Peking Waffen zum Abschuss von Raumflugkö­rpern entwickle: „Wir sind dagegen, den Weltraum in ein Schlachtfe­ld zu verwandeln.“

Die Entscheidu­ng der USA gibt Einblick in die Zukunft der militärisc­hen Kriegsführ­ung. Mit dem technologi­schen Fortschrit­t wird die Gefahr eines Konflikts im Weltraum größer, und die Weltmächte beginnen, sich dafür zu rüsten. „Die Zeit ist gekommen, um das nächste große Kapitel in der Geschichte unseres Militärs zu schreiben“, sagte Pence. Die „Besten und die Mutigsten werden unser Volk, unsere Nation, gegen eine neue Bedrohung verteidige­n“.

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