Was bedeutet der Begriff Opposition? Geht es nicht anders?
Logiker lieben sie, Schachspieler, Astronomen und Anatomen auch. Kurze Betrachtung eines widerständigen spätlateinischen Worts. Der August ist tückisch. Und wir haben den Mars im Rücken.
Der August, diese nach einem angeblich friedlichen Kaiser von Rom benannte, unendliche Hitzeschlacht, ist erfahrungsgemäß ein äußerst gefährlicher Monat. Was man leider leicht verdrängt: Kriege brechen aus, Putschisten holen ihre Kalaschnikows aus dem Keller, während sich viele Regierende auf Sommerfrische entrückt wähnen. Und irgendwann fragt einer dann auch noch frech: „Was ist derzeit eigentlich mit der Opposition los?“
In den antithetisch angeordneten Gegengift- Sektionen ruft dieses Wort sehr unterschiedliche Assoziationen hervor. Emsige Wissenschaftler hier schwärmen sofort von jener Mars-Opposition, die am 27. Juli bei all dem Bahöl über die total tolle Mondfinsternis beinahe verdrängt wurde. Dabei war das doch ein positives Himmelsphänomen: Die Erde hat wieder einmal den lahmen Nachbarn überrundet, der auf der Außenbahn trödelte. Er ging auf, als die Sonne unterging, ging unter, als die Sonne wieder aufging. Schon waren wir wieder vorn! Da sage einer, die Terrestrischen seien nicht superdynamisch.
Das Wort „oppositio“kommt aus dem Spätlateinischen. Unter Caesar oder Nero war es noch nicht üblich, die kamen ganz ohne Opposition aus. Erst unter den Soldatenkaisern im dritten Jahrhundert gewann es an Popularität. Noch später verwendeten es Mönche als rhetorische Figur: „Er ist nicht mehrheitsfähig, er hat nur eine kleine Minderheit hinter sich.“Auch die Linguisten gebrauchen gern diesen Begriff. Der russische Fürst Trubetzkoy hat ihn wohl als Erster in diesem Sinne definiert: Tauscht man zum Beispiel in einem Wort nur einen Laut, wird etwa aus „rot“ein „tot“, dann sind „r“und „t“eine Opposition. Es scheint zwar nur ein Detail zu sein, macht aber manchmal theologischweltgeschichtlich einen großen Unterschied, ob ein „X“für ein „U“steht.
Mit Oppositionen arbeiten auch Anatomen, Logiker und Schachspieler. Unsere Welt wäre arm und gar nicht reich, wenn es keine Opposition gäbe. Aber fragen Sie mich bitte nicht, was dieser Begriff derzeit politisch bedeutet. Ich möchte nicht lügen und behaupte auch nicht, ich hätte die Wahrheit gepachtet, aber hierzulande hat es jüngst den Anschein, als ob die Rolle der Opposition nicht darin bestünde, ein parlamentarisches Korrektiv zu den Regierungsparteien zu bilden, sondern meist darin, Gegensätze innerparteilich anzuwenden. Der August ist ein tückischer Monat. Und wir haben den Mars im Rücken.