Wie ein Holzhaus in seinem Inneren atmet
Emissionen in Neubauten scheinen unbedenklich zu sein.
Häuslbauer gesucht, hieß es zunächst im von der Holzforschung Austria durchgeführten Teil des Forschungsprojekts „Wood2new“. Diese seien aber leicht zu finden gewesen, erzählt die Chemikerin Christina Fürhapper. Die Wiener Wissenschaftler haben im europaweiten, von der finnischen Universität Aalto geleiteten Projekt Holzemissionen in zwölf neu gebauten Holzhäusern – aus Massivholz oder Holzriegelbauten – und deren Wirkung auf den Menschen untersucht. Denn Holz „atmet“nicht nur, indem es Feuchtigkeit aufnimmt und wieder abgibt. Es setzt auch sogenannte flüchtige organische Verbindungen, kurz VOC (siehe Lexikon), frei.
„Erhöhte Werte wurden vor allem ganz am Anfang gemessen, sanken aber kontinuierlich innerhalb weniger Monate. Kritische Grenzwerte wurden nicht überschritten“, fasst die Forscherin das Ergebnis zusammen. Zumindest im Kleinen ist dem Team der Holzforschung Austria mit ihrer Studie die Ehrenrettung des beliebten Baustoffs gelungen. Denn Holz ist zwar als natürlich und nachhaltig bekannt, seine Qualitäten für den Bau wurden in einer Vielzahl von Experimenten getestet; wie die vom Werkstoff emittierten Verbindungen auf den Menschen wirken, ist jedoch erst wenig erforscht.
Wobei die Forscher überraschte, dass die höchsten Werte nicht direkt nach der Fertigstellung, sondern kurz nach dem Bezug der Neubauten gemessen wurden: Das zeige, dass nicht nur der Baustoff, sondern auch der Fußboden und die Einrichtung auf die Raumluft wirkten, so Fürhapper.
Festgehalten wurden auch Feuchtigkeit und Temperatur, Feinstaub und sich in der Luft bewegende Sporen, um eine allfällige Schimmelbelastung festzustellen. Hier gab es keine Belastung. Gemessen wurde stets im Schlafzimmer: „Das ist der Raum, in dem sich die Menschen regelmäßig längere Zeit am Stück aufhalten.“Anfänglich erhöhte VOC-Emissionen nahmen kontinuierlich ab.
Ein Unterschied zeigte sich bei Häusern, die automatisch belüftet wurden, gegenüber solchen, in denen die Bewohner selbst lüfteten: Bei Ersteren verschwanden die Emissionen schneller. Das zeige, dass in anderen Häusern zu wenig gelüftet werde, sagt die Expertin, die regelmäßiges Stoßlüften empfiehlt.
Dass ein Material VOC abgibt, ist keine Eigenart des Holzes. „VOC können aus jedem Baumaterial kommen, aber auch von Teppichen oder durch Alltagstätigkeiten wie Kaffeekochen freigesetzt werden.“Zentral ist, dass sie den Menschen nicht beeinträchtigen. Auch das wurde erfasst. Denn neben den Messgeräten für die Innenraumluft brachten die Forscher einmal im Monat ein halbes Jahr lang auch Messgeräte für die Lungenfunktion sowie in Kooperation mit der Med-Uni Wien ausgewertete Fragebögen mit. Zusätzlich zeichneten die Bewohner der Holzhäuser einmal in der Woche Blutdruck und Puls auf.
„Die Leute fühlten sich gleichbleibend wohl. Selbst bei anfangs mit der aus dem Englischen stammenden Abkürzung als VOC (Volatile Organic Compounds) bezeichnet, sind kohlenstoffhaltige Stoffe, die schon bei niedriger Temperatur als Gas vorliegen.
(wörtlich übersetzt bedeutet „scavenger“Fänger) können verschiedene Substanzen aus der Umgebung aufnehmen und binden. etwas erhöhter Konzentration gab es keine subjektive Beeinträchtigung“, sagt Fürhapper. Ein Eindruck, der sich auch in den gemessenen Körperwerten widergespiegelt habe. Die Lungenfunktionstests lieferten über den ganzen Zeitraum unveränderte Ergebnisse. Auch die Lidfrequenz, ein Indikator für eine Belastung, sei normal gewesen. Auffällig hingegen: „Alle Bewohner schätzten ihre Schlafqualität als besonders hoch ein.“
In einer toxikologischen Untersuchung wurden die gemessenen Stoffe überdies einzeln untersucht. Hier habe es ebenfalls keine besonderen Belastungen gegeben, so Fürnhapper. Auch wenn die festgestellten Emissionen nicht bedenk- lich waren, will man im bereits gestarteten Folgeprojekt „IASca (Indoor Air Scavenger) nun darangehen, sie auszumerzen.
Gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für Bauen und Ökologie (IBO) wollen die Wissenschaftler der Holzforschung Austria – beide Einrichtungen sind Mitglieder des Forschungsverbunds Austrian Cooperative Research (ACR) – nach sogenannten Scavanger-Materialien suchen. Diese könnten gemeinsam mit dem Holz verarbeitet werden: Sie sollen Gase einfangen, sobald sie sich bilden. Dafür könnten sich etwa „schwammartig“aufgebaute Zeolithe eignen, die mit ihren gleichförmigen Poren Stoffe adsorbieren. Bis zum Jahr 2020 will man mehr wissen. Dann soll das Projekt abgeschlossen sein.