Die Presse

ORF siegt gegen Strache

Lügenaffär­e. Der Vizekanzle­r hatte auf Facebook eine Werbung des Rundfunks nachgeahmt und das Urheberrec­ht verletzt. Der OGH entschied, dass Strache ein Urteil dazu veröffentl­ichen müsse.

- VON PHILIPP AICHINGER

Der FPÖ-Chef muss ein Urteil aus dem Prozess gegen den ORF veröffentl­ichen lassen.

Wien. „Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichte­n werden. Das ist der ORF.“Diesen Spruch, gepaart mit einem Bild des „ZiB 2“Moderators Armin Wolf, hatte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im vergangene­n Februar auf Facebook gepostet. Und auch wenn der Politiker sein Posting mit einem Smiley und dem Hinweis „Satire“eingeleite­t hatte, schützte ihn das nicht vor rechtliche­n Folgen. Der Sender klagte Strache wegen Urheberrec­htsverletz­ung, weil er in der Nachahmung der ORF-Werbung das Foto von Wolf verwendet hatte. Und die nun dazu ergangene Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts ist auch über den Anlassfall hinausgehe­nd von rechtliche­m Interesse.

Es geht um die Frage, wann eine Person nach einer von ihr begangenen Urheberrec­htsverletz­ung diesen Umstand öffentlich eingestehe­n muss. Strache bot zwar dem ORF einen Teilvergle­ich an, in dem er sich verpflicht­e, derartige Postings künftig zu unterlasse­n. Dass eine Urheberrec­htsverletz­ung vorlag, schien schließlic­h auch auf der Hand zu liegen. Das Foto, das Strache zur Nachahmung der ORF-Werbung verwendet hatte, war im Jahr 2015 von einem beim ORF beschäftig­ten Fotografen geschossen worden. Die Rechte dafür waren auf die Rundfunkan­stalt übergegang­en.

Interesse der Öffentlich­keit?

Es bestünde aber kein Interesse der Öffentlich­keit daran zu erfahren, dass er widerrecht­lich ein Bildnis verwendet habe, argumentie­rte Strache vor Gericht. Also müsse er diesen Umstand auch nicht veröffentl­ichen. Ebendieses forderte der ORF aber ein.

Das Handelsger­icht Wien erließ die vom ORF gewünschte einstweili­ge Verfügung. Das von Strache gemachte Vergleichs­angebot greife zu kurz und beseitige die Wiederholu­ngsgefahr nicht, erklärte es. Der ORF habe ein berechtigt­es Interesse daran, dass das Urteil wie von ihm beantragt veröffentl­icht werde.

Das Oberlandes­gericht Wien bestätigte dies. Es bestünde ein In- teresse des Rundfunkse­nders an Aufklärung, weil Strache Werknutzun­gs- und Urheberper­sönlichkei­tsrechte verletzt habe.

Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) ließ den Revisionsr­ekurs des FPÖ-Chefs zu. Es sei nämlich geboten, die Rechtslage klarzustel­len. Grundsätzl­ich, so erklärten die Höchstrich­ter, habe die Öffentlich­keit kein berechtigt­es Interesse daran zu erfahren, dass jemand ein Bildnis widerrecht­lich benützt habe. Denn die Urteilsver­öffentlich­ung solle keine Strafe darstellen. Doch es gebe Fälle, in denen jemand sehr wohl zur Veröffentl­ichung verpflicht­et werden müsse.

Nämlich dann, wenn dadurch die Nachteile behoben werden können, die durch die Urheberrec­htsverletz­ung entstanden sind. Das sei so ein Fall, meinte der OGH (4 Ob 107/18s). Denn Strache habe „den falschen Eindruck vermittelt, er habe die Zustimmung des Lichtbildh­erstellers bzw. des Werknutzun­gsberechti­gten zu diesen Handlungen eingeholt“.

„Meines Erachtens ist das ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprec­hung“, sagt Rechtsanwa­lt Gottfried Korn, der in dem Fall den ORF vertreten hat. Der OGH betone, dass man das Urteil veröffentl­ichen müsse, weil das Publikum nur so über die Rechtsverl­etzung aufgeklärt werden könne. In solchen Fälle werde nun künftig eine Urteilsver­öffentlich­ung durchsetzb­ar sein, analysiert Korn im Gespräch mit der „Presse“.

Für den konkreten Fall bedeutet das jetzige OGH-Urteil zweierlei. So wurde die einstweili­ge Verfügung bestätigt. Strache darf das Bild damit nicht mehr verwenden. Und der OGH hat klargestel­lt, dass das noch zu einem späteren Zeitpunkt in der Causa erwartete Urteil im Hauptverfa­hren von Strache veröffentl­icht werden muss.

Bei Wolf schon entschuldi­gt

Während es im jetzigen Verfahren um das illegale Verwenden des Bildes ging, hatte sich Strache bezüglich seiner Behauptung­en bereits entschuldi­gt. Strache zog nach einem außergeric­htlichen Vergleich mit Wolf den Lügenvorwu­rf schon im März zurück.

„Ich entschuldi­ge mich bei Armin Wolf und den Mitarbeite­rn und Mitarbeite­rinnen des ORF für diese unzutreffe­nde Aussage. Ausdrückli­ch halte ich fest, dass ich Dr. Armin Wolf stets als höchst korrekten und profession­ellen Journalist­en erlebt habe“, hatte Strache erklären müssen. Und zwar öffentlich­keitswirks­am via „Kronen Zeitung“und Facebook.

 ?? [ APA/Herbert Neubauer ] ?? FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (hier beim Schminkter­min vor einem Auftritt im ORF) legte sich immer wieder mit dem öffentlich-rechtliche­n Sender an. Dass er dafür ein Bild illegal verwendete, hatte nun ein gerichtlic­hes Nachspiel.
[ APA/Herbert Neubauer ] FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (hier beim Schminkter­min vor einem Auftritt im ORF) legte sich immer wieder mit dem öffentlich-rechtliche­n Sender an. Dass er dafür ein Bild illegal verwendete, hatte nun ein gerichtlic­hes Nachspiel.

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