ORF siegt gegen Strache
Lügenaffäre. Der Vizekanzler hatte auf Facebook eine Werbung des Rundfunks nachgeahmt und das Urheberrecht verletzt. Der OGH entschied, dass Strache ein Urteil dazu veröffentlichen müsse.
Der FPÖ-Chef muss ein Urteil aus dem Prozess gegen den ORF veröffentlichen lassen.
Wien. „Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF.“Diesen Spruch, gepaart mit einem Bild des „ZiB 2“Moderators Armin Wolf, hatte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im vergangenen Februar auf Facebook gepostet. Und auch wenn der Politiker sein Posting mit einem Smiley und dem Hinweis „Satire“eingeleitet hatte, schützte ihn das nicht vor rechtlichen Folgen. Der Sender klagte Strache wegen Urheberrechtsverletzung, weil er in der Nachahmung der ORF-Werbung das Foto von Wolf verwendet hatte. Und die nun dazu ergangene Entscheidung des Höchstgerichts ist auch über den Anlassfall hinausgehend von rechtlichem Interesse.
Es geht um die Frage, wann eine Person nach einer von ihr begangenen Urheberrechtsverletzung diesen Umstand öffentlich eingestehen muss. Strache bot zwar dem ORF einen Teilvergleich an, in dem er sich verpflichte, derartige Postings künftig zu unterlassen. Dass eine Urheberrechtsverletzung vorlag, schien schließlich auch auf der Hand zu liegen. Das Foto, das Strache zur Nachahmung der ORF-Werbung verwendet hatte, war im Jahr 2015 von einem beim ORF beschäftigten Fotografen geschossen worden. Die Rechte dafür waren auf die Rundfunkanstalt übergegangen.
Interesse der Öffentlichkeit?
Es bestünde aber kein Interesse der Öffentlichkeit daran zu erfahren, dass er widerrechtlich ein Bildnis verwendet habe, argumentierte Strache vor Gericht. Also müsse er diesen Umstand auch nicht veröffentlichen. Ebendieses forderte der ORF aber ein.
Das Handelsgericht Wien erließ die vom ORF gewünschte einstweilige Verfügung. Das von Strache gemachte Vergleichsangebot greife zu kurz und beseitige die Wiederholungsgefahr nicht, erklärte es. Der ORF habe ein berechtigtes Interesse daran, dass das Urteil wie von ihm beantragt veröffentlicht werde.
Das Oberlandesgericht Wien bestätigte dies. Es bestünde ein In- teresse des Rundfunksenders an Aufklärung, weil Strache Werknutzungs- und Urheberpersönlichkeitsrechte verletzt habe.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) ließ den Revisionsrekurs des FPÖ-Chefs zu. Es sei nämlich geboten, die Rechtslage klarzustellen. Grundsätzlich, so erklärten die Höchstrichter, habe die Öffentlichkeit kein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, dass jemand ein Bildnis widerrechtlich benützt habe. Denn die Urteilsveröffentlichung solle keine Strafe darstellen. Doch es gebe Fälle, in denen jemand sehr wohl zur Veröffentlichung verpflichtet werden müsse.
Nämlich dann, wenn dadurch die Nachteile behoben werden können, die durch die Urheberrechtsverletzung entstanden sind. Das sei so ein Fall, meinte der OGH (4 Ob 107/18s). Denn Strache habe „den falschen Eindruck vermittelt, er habe die Zustimmung des Lichtbildherstellers bzw. des Werknutzungsberechtigten zu diesen Handlungen eingeholt“.
„Meines Erachtens ist das ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung“, sagt Rechtsanwalt Gottfried Korn, der in dem Fall den ORF vertreten hat. Der OGH betone, dass man das Urteil veröffentlichen müsse, weil das Publikum nur so über die Rechtsverletzung aufgeklärt werden könne. In solchen Fälle werde nun künftig eine Urteilsveröffentlichung durchsetzbar sein, analysiert Korn im Gespräch mit der „Presse“.
Für den konkreten Fall bedeutet das jetzige OGH-Urteil zweierlei. So wurde die einstweilige Verfügung bestätigt. Strache darf das Bild damit nicht mehr verwenden. Und der OGH hat klargestellt, dass das noch zu einem späteren Zeitpunkt in der Causa erwartete Urteil im Hauptverfahren von Strache veröffentlicht werden muss.
Bei Wolf schon entschuldigt
Während es im jetzigen Verfahren um das illegale Verwenden des Bildes ging, hatte sich Strache bezüglich seiner Behauptungen bereits entschuldigt. Strache zog nach einem außergerichtlichen Vergleich mit Wolf den Lügenvorwurf schon im März zurück.
„Ich entschuldige mich bei Armin Wolf und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des ORF für diese unzutreffende Aussage. Ausdrücklich halte ich fest, dass ich Dr. Armin Wolf stets als höchst korrekten und professionellen Journalisten erlebt habe“, hatte Strache erklären müssen. Und zwar öffentlichkeitswirksam via „Kronen Zeitung“und Facebook.