Auch kleine Hindernisse gefährden Tänzerinnen
Schadenersatz. Eine Frau, die über eine geringfügig aufgebogene Metallleiste am Boden stürzte, erhält Geld. Denn gerade bei Feiern würden Frauen oft hohe Schuhe tragen und es brauche gute Sicherheitsmaßnahmen, sagt der OGH.
Wien. Der Boden einer Partylocation müsse besonders gut gesichert sein. Das hält der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem aktuellen Urteil fest. Er spricht einer Frau, der die Vorinstanz nach einem Sturz kein Geld zukommen lassen wollte, Schadenersatz zu.
Bei einer Silvesterfeier war das Unglück geschehen. Dabei hatte die Frau, die dort zum Sturz kam, von der Gefahr gewusst. Sie hatte den Raum selbst von einem Gastwirt gemietet. Der Boden war teilweise verfliest (in dem Bereich sollte getanzt werden), im anderen Teil des Raums war ein Parkettboden verlegt. An der Übergangsstelle der beiden Bodenbeläge waren zwei nebeneinander anliegende Metallleisten angebracht, durch die der Höhenunterschied ausgeglichen wurde. Eine der Metallleisten war um einen Millimeter aufgebogen. Die Frau bat den Gastwirt noch vor der Party, diese Leiste zu entfernen. Das lehnte der Wirt aber wegen des sonst bestehenden Höhenunterschieds ab.
Der Tag der Feier kam, den Rutsch ins neue Jahr hatten sich die Partyleute aber anders vorgestellt. Als die Gastgeberin rückwärtsgehend ein Kind auf die Tanzfläche ziehen wollte, kam sie zu Sturz. Und schuld war ausgerechnet die Leiste, die der Gastwirt nicht entfernen hatte wollen. Die Frau erlitt Verletzungen, auch ihr Kleid wurde beschädigt. Die Frau verlangte nun rund 14.650 Euro Schadenersatz vom Wirt. Dieser entgegnete, keine Verfehlung begangen zu haben, die Tanzfläche sei ausreichend gesichert gewesen.
Das Landesgericht Wiener Neustadt kam zum Schluss, dass die aufgebogene Metallleiste eine Stolperfalle gewesen sei. An Gaststätten müsse man aber hohe Sicherheitsanforderungen stellen. Gerade beim Tanzen sei die Leiste gefährlich, denn dabei würden sich die Leute mit schleifenden Schritten fortbewegen. Weil die Frau aber von der Gefahr durch die Leiste wusste und nicht aufpasste, gab ihr das Gericht ein Mit- verschulden von einem Drittel. Dementsprechend mäßigte das Landesgericht den Schadenersatz.
Das Oberlandesgericht Wien wies die Klage der Frau hingegen zur Gänze ab. Denn der Niveauunterschied am Boden sei nur ein minimaler gewesen. Davon gehe keine Gefahr aus, weil Füße auch in Gaststätten üblicherweise so weit angehoben werden, dass die Schuhe nicht gegen eine so geringfügige Kante stoßen. Daher könne man dem Wirt keinen Vorwurf machen, meinte die zweite Instanz.
„Schleifende Schritte typisch“
Der OGH zeigte wieder mehr Verständnis für Partygäste. So könnten Tanzschritte nicht mit dem normalem Gehen und dem dabei üblichen Anheben der Füße verglichen werden. Denn „beim Tanzen sind rhythmische, mitunter schwungvolle und das Gleichgewicht beeinträchtigende Bewegungen sowie auch ,schleifende’ Schritte typisch“. Und „auf Tanzflächen ist es auch nicht unge- wöhnlich, dass Tänzer über einen nur durch einen unterschiedlichen Bodenbelag gekennzeichneten Tanzbereich hinaus geraten“, analysierten die Richter.
Die Ausstaffierung der tanzenden Menschen spiele ebenfalls eine Rolle. „Bei solchen Veranstaltungen werden von Frauen auch regelmäßig Schuhe mit höheren Absätzen getragen. Bei Unebenheiten im Boden, die ein Verhaken der Schuhe ermöglichen, ist die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts besonders groß“, erklärten die Höchstrichter. Zudem betonten sie, dass die Gefahrenquelle leicht beseitigt werden hätte können, indem man die aufgebogene Metallleiste mittels Klebestreifen abklebt. So, wie es dann schließlich nach dem Unglück geschah.
Die Frau sei aber zur Hälfte mitschuldig, meinte der OGH (4 Ob 120/18b). Sie habe den Raum trotz des ihr bekannten Mangels gemietet und nicht aufgepasst. Die Frau bekommt somit 50 Prozent ihres Schadens ersetzt. (aich)