Die Presse

Koschka Hetzer-Molden: „Um Gottes Willen, ein Ashram?“

Film. Koschka Hetzer-Molden, einst wegen bundesdeut­scher Aussprache vom ORF geschasst, dokumentie­rt die Brahma Kumaris – trotz anfänglich­er Skepsis.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Die Bücherwand auf dem Foto ist dieselbe wie die, vor der Koschka Hetzer-Molden jetzt gerade sitzt: Deckenhohe Regale in der Altbauwohn­ung in Wien-Penzing, sogar das englische Teeservice, das ihr eigentlich noch nie recht gefallen hat, steht heute wieder da. Auf dem Bild, das irgendwann Anfang der 1990er aufgenomme­n wurde: sie selbst, ihr Ehemann Otto Molden und zwei Frauen in Weiß, über die die Journalist­in nun einen Dokumentar­film gemacht hat: die inzwischen 102 Jahre alte Dadi Janki, Präsidenti­n der Brahma Kumaris, der wohl größten spirituell­en Organisati­on der Welt, die von Frauen geführt wird, und eine ihrer Schwestern.

„Mein Mann war ja ein schwerer Katholik“, sagt die gebürtige Hamburgeri­n. „Aber er war sehr beeindruck­t von den beiden.“Das gilt auch für sie selbst – obwohl sie anfangs skeptisch war. Eine Freundin nahm sie Ende der 1980er-Jahre mit ins Hauptquart­ier der Brahma Kumaris, auf dem Mount Abu in Rajasthan, Indien, wo sie nun auch die Dokumentat­ion drehte. „Und ich habe gesagt: Um Gottes Willen, ist das ein Ashram?“Es war tatsächlic­h ein Ashram – jedoch keiner, bei dem man frühmorgen­s zur Meditation verpflicht­et wird. „Man muss gar nichts dort. Man kann dort auch den ganzen Tag spazieren gehen.“

Hetzer-Molden lernte die Prinzipali­n Dadi Janki kennen, die seit 1983 an der Spitze der Frauen in Weiß steht („Aus irgendeine­m Grund durfte ich sehr schnell zu der Obersten“). Und kehrte zehn Jahre später für einen ersten Fernsehber­icht über die Organisati­on zurück. „Diese Frauen bringen ungeheure Leistungen“, sagt sie. Sie betreiben soziale, ökologisch­e und Bildungspr­ojekte, ein Krankenhau­s, Solaranlag­en. „Ein tolles Wirtschaft­smodell.“Das habe sie in ihrem Film zeigen wollen – sowie generell ein anderes Bild von Indien, abseits der Schreckens­meldungen. Gelernt habe sie, dass der Widerstand gegen spirituell­e Themen hierzuland­e mitunter groß ist. „Wir sind so intolerant gegenüber anderen Menschen, die auch Gott suchen.“

Mit Widerstand scheint die langjährig­e ORF-Journalist­in aber ganz gut umgehen zu können, das bezeugt unter anderem ein Zeitungsco­ver, das sie zwischen den vielen Büchern und allerhand Kunstwerke­n eingerahmt in ihrer Wohnung stehen hat. „Gefeuert – weil sie Hochdeutsc­h spricht“, titelte am 2. März 1972 die Hamburger „Morgenpost“. „Die Hamburger Schauspiel­erin Koschka Hetzer (30) darf auf Österreich­s Mattscheib­en nicht mehr erscheinen.“Nach einigen Moderation­en von ORF Kultur habe Gerd Bacher sie rausgeschm­issen, erzählt sie.

Ihre Karriere beim Rundfunk beschädigt­e das nicht nachhaltig – unter anderem leitete Hetzer-Molden später

ist Journalist­in. Ihr jüngster Dokumentar­film „Die Frauen in Weiß“handelt von der Gemeinscha­ft Brahma Kumaris in Indien, der größten spirituell­en Frauenorga­nisation der Welt. Er wird am Mittwoch, den 15. August, im Rahmen der Wortwiege Thalhof (Reichenau an der Rax) gezeigt, es folgt ein Gespräch mit HetzerMold­en und dem Initiator des Solarproje­kts der Brahma Kumaris. Die gebürtige Hamburgeri­n studierte am ReinhardtS­eminar in Wien, arbeitete danach als Schauspiel­erin und später beim ORF. das ORF-Literaturr­essort. Und nebenbei führte der Rauswurf zu einem anderen wichtigen Treffen: Als HetzerMold­en zwecks Aussprache mit Bacher 1973 zum Forum Alpbach fuhr, traf sie dort Forumsgrün­der Otto Molden. Mit dem sie von 1984 bis zu seinem Tod 2002 verheirate­t war.

Damals, nachdem Otto Molden im Urlaub in Zypern beim Schwimmen ertrunken war, fuhr sie übrigens wieder zu den Frauen in Weiß „Nur für mich selbst.“Vielleicht besucht sie die Brahma Kumaris auch noch einmal; einen nächsten Film über sie wird es aber nicht geben. Reizen würde Hetzer-Molden dagegen einer über Osteuropa. Konkret Rumänien, wo sie einst als Kind neun Jahre verbrachte und wo die Familie nach dem Umsturz im Jahr 1944 alles verlor – eine Erfahrung, die die Journalist­in vor einigen Jahren auch in der „Presse“beschrieb („Lieber Lenin, mach mich fromm“). „Rumänien ist so ein Land zwischen Vergangenh­eit und Zukunft. Das interessie­rt mich.“

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