Herz, Niere, Lunge – die kostbarsten Spenden, die es gibt
Organspenden sind in Österreich gesetzlich klar geregelt. Die Praxis sieht allerdings anders aus. Eine öffentliche Debatte darüber gab es bisher nicht.
Die dramatische Erkrankung von Niki Lauda, die in eine lebensrettende Lungentransplantation mündete, hat das Thema Organspende ins Bewusstsein gerückt. Dabei sind Transplantationen mittlerweile recht häufig, wenngleich sie die ärztliche Kunst immer wieder herausfordern.
In Europa und speziell in Österreich sind Organspenden klar geregelt. Die Daten der Patienten werden an Eurotransplant gemeldet. Durch diese zentrale, vom jeweiligen Krankenhaus und der Staatsbürgerschaft der Patienten unabhängige Plattform werden die objektiven Kriterien für die Empfänger garantiert. Alle müssen auf die Warteliste. Es entscheiden die Schwere der Erkrankung und der Zufall, wann ein passendes Organ an Eurotransplant gemeldet wird. Und, was besonders wichtig ist, man entzieht so dem international gängigen Organhandel den Boden. Reiche haben keinen Vorteil gegenüber Armen. Kein europäisches Spital transplantiert ein gekauftes Organ, die Spende ist freiwillig und unentgeltlich.
Wobei die Freiwilligkeit nicht überall ein Kriterium ist. Meist hat man den Empfänger eines Organs im Fokus, wenn es um Transplantation geht, nicht den Spender. Doch es würden wesentlich mehr Organe benötigt, als zur Verfügung stehen. In den meisten europäischen Ländern gilt, wie in Österreich, die Widerspruchslösung: Hat man einer Organspende zu Lebzeiten nicht widersprochen, ist man automatisch Spender. In etlichen Ländern müssen entweder der Patient oder seine Angehörigen einer Organspende zustimmen. In Deutschland muss man sich ausdrücklich für eine Spende entscheiden.
In der Praxis haben sich in Österreich die Dinge in den letzten Jahren geändert. Ein prominenter Transplantationsmediziner berichtete in einer Ö1-Sendung, dass man, etwa im Wiener AKH, stets das Einverständnis der Verwandten einhole, bevor man einem gehirntoten Patienten Organe entnehme. Man sei dazu nicht verpflichtet, tue es aber dennoch. Das führe jedoch dazu, räumte er ein, dass es weniger Spender gebe. Ein heikles The- ma und eine ethische Frage in einem sensiblen Bereich.
Für Verwandte, deren Angehöriger etwa bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, ist es eine extreme psychische Belastung, zusätzlich zu ihrem Schock auch noch über dessen Organe entscheiden zu müssen. Es ist unschwer vorstellbar, dass man sich in diesem Zustand eher dagegen entscheidet, ja dieser Gedanke vielen makaber anmutet. Dazu kommen noch religiöse Bedenken. In manchen Religionen sind die Unversehrtheit des Körpers und eine rasche Bestattung geboten. Aus diesem Grund lehnen viele Gläubige eine Organspende bei Angehörigen ab. Dies veranlasste etwa die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (und in Deutschland) zur Klarstellung, dass die Organspende eine Ausnahme von dieser Vorschrift bilde und die Unversehrtheit nicht beeinträchtige. Es müssten aber das Einverständnis des Spenders und der Angehörigen vorliegen. Dann sei eine Spende als ein Akt tätiger Nächstenliebe positiv zu bewerten.
Eine derart wichtige und heikle Frage kann nicht allein den jeweiligen Gepflogenheiten überlassen bleiben. Es ist verständlich, dass die Ärzte sich keine Schwierigkeiten mit den Angehörigen aufladen wollen. Dennoch ist es eine Praxis, die nicht dem Gesetz entspricht. Es braucht daher eine klare Regelung, die alle Seiten berücksichtigt. So gibt es etwa die Möglichkeit der Patientenverfügung, in der man auch die Frage der Organspende regeln kann. Oder man legt gesetzlich fest, dass in jedem Fall das Einverständnis der Angehörigen eingeholt werden muss. Oder man geht dazu über, nur mit Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung des Patienten Organe entnehmen zu dürfen.
In all diesen Fällen wird die Zahl der Spender im Vergleich zur aktuellen gesetzlichen Regelung wohl zurückgehen und es werden weniger Menschenleben gerettet werden. Jedenfalls sollte man darüber diskutieren, und das ehrlich.