Bach in allen Farben
Salzburg II. Andr´as Schiff begeisterte im Mozarteum mit dem ersten Teil von Bachs „Wohltemperiertem Klavier“.
Bachs Werke stehen seit jeher im Mittelpunkt von Andras´ Schiffs interpretatorischem Interesse. Wenn er sie spielt, vermittelt er stets das Gefühl, dass man sie nur so und nicht anders darstellen sollte. Was nicht heißt, dass es nicht auch sehr andere Zugangsweisen zu ihnen gibt. Aber Schiffs Bach-Spiel glänzt durch eine rare Mischung aus Selbstverständlichkeit, Natürlichkeit und ansteckender Spielfreude. Das bewies dieser Abend im Mozarteum.
Dutzende Male hat Schiff das „Wohltemperierte Klavier“aufgeführt, doch von Routine hört man nichts, seine Neugier ist ungebrochen. Wiederholt konfrontierte er mit neuen agogischen Nuancen, hob bisher nicht so beachtete Bassfiguren hervor, was den Stücken zuweilen andere Charakterzüge verlieh, drang bei aller spielerischen Leichtigkeit noch weiter in die Tiefe dieser an vielschichtiger polyphoner Verästelung reichen Stücke vor.
„Für mich ist die Musik Bachs nicht nur schwarz und weiß, sie strahlt in allen Farben. In meiner Vorstellung korrespondiert jede Tonart mit einer anderen Farbe“, schrieb Schiff über das „Wohltemperierte Klavier“in seinem Buch „Musik kommt aus der Stille“. Darum ging es Schiff auch an diesem Abend: den Facettenreichtum dieser 24-teiligen Präludien- und FugenSammlung als zuweilen überraschendes Mosaik zu präsentieren. Wenn man die Eingangstonart C-Dur als Symbol unschuldiger Helle begreift, die finale Tonart h-Moll mit dem Tod in Beziehung bringt, entwickelt sich die Dramaturgie dieses Werks von selbst. Erst recht, wenn man sie so mitreißend zu erzählen weiß wie Schiff, der funkelnde Virtuosität mit kantabler Brillanz wetteifern ließ, die langsameren Passagen mit solch souveräner Gelassenheit ausbreitete, dass sie zum kontemplativen Innehalten einluden – und zugleich neugierig machten auf das nächste zündende, mehrstimmige Feuerwerk.