Katalonien-Krise überschattet Gedenken an Terroranschläge
Spanien. Ein Jahr nach den Terrorattacken in den Touristenhochburgen Barcelona und Cabrils bleiben viele Fragen unbeantwortet. Ermittlern zufolge planten die Terroristen eigentlich einen viel größeren Schlag. In Katalonien sorgt die Teilnahme von König Fe
Es war eine Anschlagsserie, die vor einem Jahr in den spanischen Touristenhochburgen Barcelona und Cabrils die sommerliche Ferienruhe abrupt beendete und 16 Tote hinterließ. Und die klar machte, dass auch Spanien, das lange als sicheres Urlaubsland galt, sich wie andere europäische Länder im Visier islamistischer Terroristen befindet. Ein Schock, der bewirkte, dass die Behörden in der Region Katalonien wie in ganz Spanien die Schutzvorkehrungen erhöhten.
Die Polizeipräsenz in Barcelona, wo ein islamistischer Terrorfahrer am Nachmittag des 17. August 2017 auf der Prachtallee La Rambla mehr als 130 Menschen überrollt hatte, ist heute größer denn je. Polizisten mit Langwaffen patrouillieren. Stahl-Poller, Blumenkübel und Betonklötze versperren die Zufahrt in die breite Fußgängerzone, die in der Mitte der Rambla-Allee verläuft. 14 Menschen starben bei der Terrorfahrt, mehr als 100 wurden verletzt. Der Täter, ein 22-jähri- ger Marokkaner, wurde vier Tage später von der Polizei gestellt und erschossen.
Nur wenige Stunden nach dem Attentat in Barcelona folgte der zweite Schlag. Dieses Mal im Ferienort Cambrils, der südwestlich Barcelonas an der Küste liegt. Es war schon spät in der Nacht, als dort fünf Terroristen mit ihrem Pkw mehrere Passanten überrollten. Eines der Opfer starb. Kurze Zeit später konnte die Polizei das Terrorkommando stoppen. Alle fünf wurden erschossen.
Auch den Eiffelturm im Visier
Die Attentäter, durchweg marokkanischer Abstammung, hatten eigentlich noch größere Terrorpläne, wie die Ermittlungen nun ergaben: Sie wollten mit rollenden Bomben gleichzeitig in Paris und in Barcelona zuschlagen. Ziel waren die berühmtesten Wahrzeichen dieser Städte. Der Eiffelturm in Paris und die Gaud´ı-Basilika „Sagrada Fam´ılia“in Barcelona. Beide Monumente sollten mit mächtigen Autobomben angegriffen werden. Nur die Explosion der Bombenwerkstatt, die sich am Tag vor der mörderischen Fahrt durch Barcelona ereignete, ver- hinderte die Ausführung der Attentate. Mehr als einhundert Gasflaschen, die mit Sprengstoff gefüllt werden sollten, wurden in den Trümmern gefunden. Bei der Explosion im Ort Alcanar, 200 Kilometer von Barcelona entfernt, starben zwei weitere Terroristen.
Einer dieser beiden Toten war der Anführer der Terrorgruppe: Der 44 Jahre alte Imam Abdelbaki Es Satty amtierte jahrelang als Prediger der Moschee im katalanischen Bergdorf Ripoll, das im Hinterland Barcelonas liegt. Es Satty war ein alter Bekannter der Polizei. Er saß wegen Drogengeschäften im Gefängnis. Er galt auch als Polizeispitzel. Warum er trotzdem unbemerkt seine Terrorpläne vorantreiben konnte, bleibt bis heute unklar. Genauso wie die Frage, warum ein Hinweis des US-Geheimdienstes, der drei Monate vor dem Terror vor Anschlägen in Barcelona warnte, folgenlos blieb.
Es wird gemutmaßt, dass es bei der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Sicherheitsbehörden und Kataloniens autonomer Regionalpolizei hakte. In Katalonien regierte damals Separatistenchef Carles Puigdemont. Dieser befand sich mit seinen Unab- hängigkeitsplänen auf frontalem Konfrontationskurs zum spanischen Staat. Die politischen Spannungen trübten möglicherweise auch die Anti-Terror-Kooperation.
Und nicht nur das: Auch das Gedenken an die Opfer der Terrorserie in Barcelona und Cabrils wird von Kataloniens Unabhängigkeitskrise überschattet. Mehrere Organisationen der Separatistenbewegung haben angekündigt, dass sie nicht am offiziellen Gedenkakt am Freitagvormittag in Barcelona teilnehmen werden. Stattdessen wollen sie lieber vor jenem Gefängnis vor den Toren der Stadt demonstrieren, in dem einige Separatistenpolitiker in U-Haft sitzen.
Vor allem die Anwesenheit von König Felipe, der als Spaniens Staatschef an der Feierstunde teilnimmt, ist vielen Separatisten ein Dorn im Auge. Auch der heutige Katalonien-Präsident Quim Torra, ein Vertrauter des ins Ausland geflüchteten Puigdemont, ließ wenig Zweifel daran, dass er auf Felipes Anwesenheit keinen Wert legt. „Felipe ist nicht der König der Katalanen“, behauptet Torra, der weiterhin an einer „unabhängigen katalanischen Republik“arbeitet.