Die grüne Nummer eins: Kraus gegen Ellensohn
Kulissengespräche. Ab Montag startet das Rennen um die Spitzenkandidatur der Grünen für die Wien-Wahl. Mit Klubchef David Ellensohn und Gemeinderat Peter Kraus sind zwei Kandidaten endgültig fix. Ob Maria Vassilakou antritt, ist offen.
Der Countdown läuft. In vier Tagen, also ab kommenden Montag, ist die Zeit des Taktierens vorbei. Dann müssen die Karten auf den Tisch gelegt werden: Die rund zweiwöchige Bewerbungsfrist für einen der (derzeit) unattraktivsten Politjobs in Österreich beginnt.
Konkret geht es um die heikle Frage: Wer wird die Wiener Grünen als Spitzenkandidat/in in die nächste Wien-Wahl 2020 führen? Also jene in sich zerstrittene Landespartei, die nach dem verheerenden Abschneiden der Grünen bei der Nationalratswahl noch immer paralysiert ist und zusätzlich mit hausgemachten Problemen (Stichwort: Heumarkt) kämpft. Und hier gibt es eine interessante Entwicklung: Am Mittwoch wurde der „Presse“von mehreren, voneinander unabhängigen Seiten berichtet: „Es ist endgültig fix. David Ellensohn und Peter Kraus werden definitiv antreten. Anfang nächster Woche werden sie ihre Kandidatur offiziell bekannt geben.“
An welchem Tag diese Schritte erfolgen, ist offen. In grünen Kreisen heißt es aber: „Es wird Schlag auf Schlag gehen. Ellensohn könnte bereits am Montag ein Statement abgeben – Kraus am Dienstag folgen.“Ob diese Termine wirklich halten, ist derzeit noch nicht ganz fix. „Aber beiden ist klar“, heißt es weiter: „Wenn man seine Kandidatur zu Beginn der Frist bekannt gibt, hat man die entsprechende Aufmerksamkeit.“Nachsatz: „Wer am letzten Tag antritt, wenn alle anderen bereits im parteiinternen Wahlkampf sind, geht unter.“
Und Maria Vassilakou? Sie überlege noch, ob sie antrete, ist in grünen Kreisen zu hören, die allerdings eher nicht damit rech- nen – haben sich die Bedingungen für ein nochmaliges Antreten doch massiv verschlechtert. Wie der „Presse“von verschiedenen Seiten berichtet wird, hat Vassilakou bei verschiedenen Teilen der grünen Partei bzw. bei einflussreichen Grünen vorgefühlt, ob sie mit deren Unterstützung rechnen könne. Die Antworten seien für Vassilakou eher ernüchternd gewesen, ist zu hören.
Das Hauptproblem ist dabei nicht David Ellensohn, gegen den Vassilakou jederzeit antreten würde – sondern ihr früherer Büroleiter Peter Kraus, der seit 2015 für die Grünen im Gemeinderat sitzt. Der 32-Jährige stehe für eine neue Generation, vertritt als Sprecher der Grünen Andersrum einen wichtigen Flügel der Grünen bzw. ein grünes Kernthema, ist beim Wiederaufbau der Bundesgrünen aktiv, und: „Er vertritt eine ähnliche Linie wie Mary – er hat ja jahrelang eng mit ihr zusammengearbeitet“, formuliert es ein hochrangiger Grüner: „Mit ihm als 32-Jährigen kann man glaubwürdig den Wiederaufbau der Grünen signalisieren, ohne inhaltlich von der bisherigen Linie abzuweichen, die Vassilakou gefahren ist.“Nachsatz: „Immerhin geht es jetzt um eine Richtungsentscheidung.“
Was damit gemeint ist: Vassilakou und Kraus stehen für den pragmatischen Realo- Flügel, der für eine enge Kooperation mit der SPÖ steht und (im Rahmen der Regierungsverantwortung) auch unangenehme Dinge mitträgt, die parteiintern auf Widerstand stoßen (Stichwort: Heumarkt).
Ellensohn gehört als langjähriger Klubchef zwar zum Parteiestablishment, zählt aber zu den Vassilakou-Gegnern, also eher zum linken Flügel samt Heumarkt-Gegner. Im kleinen Kreis hat er es kürzlich als „schweren Fehler“bezeichnet, dass er als Klubchef für das Projekt gestimmt hat, um die Situation mit der SPÖ (die dieses Projekt forciert) nicht eskalieren zu lassen. Auch war Ellensohn zuletzt mehrfach eine härtere Linie gegenüber dem roten Koalitionspartner gefahren und hatte sich dezidiert weit links positioniert, beispielsweise gegen das Alkoholverbot am Praterstern. In der U-Kommission zum Thema Spital Nord ist er (gegenüber der SPÖ) derzeit angriffiger als die Opposition. Damit lautet (aktuell) das Match: Kraus gegen Ellensohn, Liberale gegen Vertreter eines kompromissloseren Kurses gegen die SPÖ.
Für Ellensohn könnte allerdings der Vassilakou-Effekt eintreten, falls der grüne Landessprecher Joachim Kovacs in den Ring steigt. Der Vertreter der Basis und des linken Flügels würde Ellensohn unter Druck setzen, vertreten beide doch eine ähnliche Gruppe. Wobei Kovacs, dessen Antritt offen ist, deutlich links von Ellensohn steht. Für ein Statement waren die betreffenden Personen nicht erreichbar, Vassilakou hatte zuletzt auch immer betont, sie habe noch keine Entscheidung getroffen.
Wer gewinnen wird, ist derzeit offen. Jenes Lager, das nur einen Kandidaten ins Rennen schickt, dürfte naturgemäß aber bessere Chancen haben.