Grenzgänger und Gratwanderer: „Es geht gar nicht so sehr um Mut“
Filmfest St. Anton. Im 24. Jahr lockt das Festival mit 24 Outdoorfilmen – von Branchenstars und jungen Sportlern auf der Suche nach dem großen Abenteuer.
Wer das Filmfest St. Anton (22. bis 25. August) schon einmal besucht hat, weiß, dass es nicht einfach nur die spektakulären Aufnahmen von Bergen, Wänden, Gletschern, Meeren und Wüsten sind, die den Reiz der gezeigten Outdoorund Abenteuerfilme ausmachen. Es sind in erster Linie die Lebenseinstellung und der Freigeist der Protagonisten, denen man als Zuschauer ganz nah sein kann, wenn sie Einblicke in ihre Gefühlswelt gewähren, während sie ihre körperlichen und seelischen Grenzen ausloten.
Protagonisten wie die Belgierin Jasmijn Hanegraef. Die 27-Jährige lebt seit einigen Jahren in Innsbruck, weil sie hier, wie sie sagt, „im Winter als Snowboardlehrerin arbeiten und im Sommer Downhillskaten kann“. Die Berge lernte sie bereits als Kind lieben, bei Familienurlauben in Tirol. Wobei insbesondere im Sommer Innsbruck nur eine Art Ausgangspunkt für sie darstellt, denn die meiste Zeit ist sie unterwegs – „für gewöhnlich irgendwo in den Alpen“. Im vergangenen Jahr war es die spanische Hafenstadt Alicante, wo sie mit ihrer Freundin Lisa Peters aus Holland eine Bergstraße hinunterfuhr, gefolgt von einem Auto, aus dem Lisas Freund die Fahrt filmte. Den Tipp für die kaum befahrene Straße mit nur wenigen scharfen Kurven („So können wir die Geschwindigkeit halten“) bekamen sie von Einheimischen.
Der online gestellte Clip wurde schnell zu dem, was man ein Internetphänomen nennt. „Wir hatten gar nicht vor, einen Film zu machen“, sagt Hanegraef. „Wir wollten uns einfach nur selbst beim Fahren zusehen.“Hunderttausende Facebook-User wollten das ebenfalls, darunter die Organisatoren des Filmfests St. Anton. Sie nahmen kurzerhand Kontakt zu Hanegraef und Peters auf, daraus entstand der Kurzfilm „Gnarlicante“, der am 24. August gezeigt wird – in Anwesenheit der beiden Protagonistinnen.
Frauen gehören in der Extremsportszene zwar noch zur Minderheit, es werden aber von Jahr zu Jahr mehr. Hanegraef führt diese Entwicklung auch darauf zurück, dass zuletzt mehr Frauen in erfolgreichen Sport- und Actionfilmen zu sehen waren und dadurch andere junge Frauen inspirieren. „Ich denke, dass es Frauen stark motiviert, wenn sie sehen, dass auch andere Frauen Sportarten wie beispielsweise Downhillskaten ausüben“, sagt sie. „Viele denken zudem, dass solche Aktivitäten zu gefährlich sind, und haben deswegen Berührungsängste. Aber zu sehen, wie andere Frauen mit den Gefahren und Risken umgehen, kann ihnen diese Angst nehmen.“Weil sie erkennen würden, dass das Risiko mit der richtigen Ausrüstung wie etwa einem Helm und Knieprotektoren gut kalkulierbar sei.
Auch sie selbst hat sich noch nicht ernsthaft verletzt – obwohl sie nicht immer Lederbekleidung trage. Vor allem dann, wenn sie keine Wettkämpfe bestreite. „Man fährt ohne Lederbekleidung automatisch vorsichtiger“,
Das Filmfest St. Anton findet heuer zum 24. Mal statt und dauert von 22. bis 25. August. Gezeigt werden 24 Filme, 15 davon sind Premieren. Filmbeginn ist jeweils um 20 Uhr. Zu den prominenten Gästen, die ihre Werke vorstellen werden, gehören etwa Beat Kammerlander, Nadine Wallner, Anne-Flore Marxer, Barbara Zangerl, Wolfgang Nairz und Oswald Oelz. sagt sie. „Gleichzeitig kann man sich freier bewegen, fühlt sich nicht so steif.“Eine Grundportion Mut sei selbstverständlich Voraussetzung dafür, mit bis 100 km/h eine Straße hinunterzufahren, aber „letztlich geht es weniger um Mut, sondern darum, in heiklen Situationen ruhig zu bleiben und seine Grenzen zu kennen“, sagt Hanegraef. „Du musst nervenstark sein, darfst nicht in Panik geraten. Es können einem jederzeit Autos entgegenkommen, aber wenn du gewisse Regeln befolgst und stets rechts auf deiner Fahrbahnseite bleibst, kann nicht viel passieren. Das wird auch in unserem Film ,Gnarlicante‘ deutlich.“
Pläne für neue Filme haben sie und Lisa Peters auch schon. „Ich denke, es ist für die Leute interessant, ein bisschen hinter die Kulissen dieses Sports zu blicken und zu sehen, mit welcher Leidenschaft wir ihn ausüben“, sagt die 27-Jährige. „Natürlich geht es auch darum, Downhillskaten bekannter zu machen. Für uns fühlt sich das Drehen ohnehin nicht wie Arbeit an, weil wir uns dabei filmen, wie wir Urlaub machen, Rennen fahren und unserem Hobby nachgehen.“