Im Bann des Klimawandels
USA. Floridas Metropole erholt sich von Hurrikan Irma. Aber er hat Folgen für den Häusermarkt: Viele Apartments in Miami Beach stehen leer, Immobilien fern vom Strand werden beliebter.
Miami: Immobilien fern vom Strand werden immer beliebter.
Ein knappes Jahr nach dem verheerenden Hurrikan Irma ist am Strand von Miami Normalität eingekehrt. Das Nachtleben boomt, die Touristen strömen in die Stadt, die Straßen sind verstopft. Ab und zu sieht man noch ein kaputtes Dach, und manche Strandabschnitte sind etwas verkommen, weil Irma zu viel Sand weggefegt hat. Aber sonst: Die Katastrophe scheint vergessen.
Doch hat der Hurrikan, der Anfang September 2017 in Florida rund 100 Menschen das Leben gekostet und weite Teile von Miami Beach unter Wasser gesetzt hat, andere Spuren hinterlassen. Er hat das Bewusstsein für den Klimawandel in der Metropole verändert und im Zuge dessen den Häusermarkt, einen der wichtigsten der USA. Die Preise in Miami Beach stagnieren, während sie abseits des Strandes stark ansteigen. Das Stadtviertel Little Haiti etwa, mit einer Seehöhe von drei bis vier Metern, verzeichnete seit Jänner ein Plus von 20 Prozent. Eine Studie, die im „Journal of Environmental Research“veröffentlicht wurde, sieht ganz klar die Einstellung zum Klimawandel als Hauptgrund für die Preisentwicklung. In Miami und in Florida generell zeige sich ein Trend weg vom Strand und hin zu höher liegenden Gegenden. Das Papier spricht von der „Klima-Gentrifizierung“, die sich aktuell in Little Haiti ganz besonders stark zeige.
Düstere Prognosen
Florida ist neben Delaware und Louisiana der US-Bundesstaat mit der geringsten Seehöhe und wird die erwarteten Folgen des Klimawandels deshalb besonders deutlich spüren. Die Union of Concerned Scientists prophezeit, dass im Jahr 2045 mehr als 60.000 Häuser in Florida unter Wasser stehen werden, bis 2100 soll die Zahl auf eine Million ansteigen.
Städte wie Miami kommt das teuer zu stehen: Die Behörden berechneten kürzlich, dass die Einnahmen aus Immobilien- und Grundsteuern bis zum Ende des Jahrhunderts um eine Milliarde Dollar pro Jahr fallen werden. Die Touristenmetropole will sich nicht geschlagen geben. Die Stadt präsentierte eine 500 Millionen Dollar schwere Initiative, mit der die Straßen von Miami Beach geschützt und Anhöhen für die Immobilienentwicklung geschaffen werden sollen. Den bereits bestehenden Hochhäusern mit ihren teuren Luxusapartments hilft das nur wenig. Ein Fünftel aller seit 2011 neu errichteten Wohnungen in Strandnähe stehen laut dem Immobilienvermittler ISG World leer.
Nicht nur in Florida könnte der Klimawandel den Immobilienmarkt entscheidend beeinflussen. Mehrere andere US-Großstädte liegen ebenfalls am Meer. Wissenschaftler verweisen auch auf Gefahren für New York, Boston und Teile von Los Angeles. Forscher der University of Colorado haben sich des Themas für die gesamten USA angenommen.
Demnach notieren Immobilien, die in den kommenden Jahren von einem steigenden Meeresspiegel verschluckt werden könnten, um sieben Prozent niedriger als vergleichbare Häuser in höheren Lagen. Diese Spanne sei vor al- lem seit Beginn der 2000er-Jahre kontinuierlich größer geworden.
Natürlich spielen Immobilienmakler die Gefahr herunter. Sie verweisen darauf, dass Miami schon viele Hurrikans überstanden hat und selbst Miami Beach einen Anstieg des Meeresspiegels von zehn bis 20 Zentimeter verkraften könnte. Es sei keineswegs garantiert, dass Irma eine nachhaltige Wirkung auf dem Häusermarkt haben werde. Langfristig könnte es weiterhin nach oben gehen, zumindest wenn die Zahl schwerer Stürme wie Irma nicht steigt.
Zittern vor Hurrikansaison
In Miami Beach, auf Höhe der 67. Straße, arbeiten indes die Bagger auf Hochtouren. 32.000 Tonnen Sand werden benötigt, um diesen Strandabschnitt nach dem Hurrikan Irma wieder herzustellen. Die Stadt lässt sich das Projekt 1,5 Millionen Dollar kosten.
Man hofft, dass der nächste schwere Sturm lange auf sich warten lässt. Die aktuelle Hurrikansaison hat im Juni begonnen. Der Höhepunkt wird für September oder Oktober erwartet.