Die Presse

Mehr Jobmigrant­en aus Kroatien

Arbeit. Obwohl Türkis-Blau den Arbeitsmar­kt für Kroaten bis 2020 gesperrt hat, kommen so viele Kroaten wie noch nie ins Land.

- FREITAG, 17. AUGUST 2018 VON CHRISTIAN HÖLLER

Die Zuwanderun­g von kroatische­n Arbeitsmig­ranten nach Österreich war im Frühjahr ein großes Aufregerth­ema. Nach kontrovers­en Diskussion­en hat TürkisBlau die Sperre für kroatische Arbeitnehm­er bis Mitte 2020 verlängert. Vor allem die FPÖ setzte sich für einen Zuwanderun­gsstopp ein. Die Tourismusb­etriebe in den westlichen Bundesländ­ern forderten hingegen eine vollständi­ge Öffnung des Arbeitsmar­ktes.

Nun stellt sich allerdings heraus, dass trotz der Sperre so viele Kroaten wie noch nie nach Österreich kommen. Dies zeigen Daten des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger, die der „Presse“vorliegen.

Im Juli 2018 gab es 32.558 kroatische Staatsbürg­er, die in Österreich einer unselbstst­ändigen Beschäftig­ung nachgingen. Das ist ein neuer Rekord. Im Jahresverg­leich hat sich die Zahl der Kroaten auf dem österreich­ischen Arbeitsmar­kt um 11,5 Prozent erhöht. Zu beachten ist auch die langfristi­ge Entwicklun­g: Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaft­skrise im Jahr 2008 stellt der Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger bei der Zahl der kroatische­n Arbeitnehm­er eine Verdoppelu­ng fest. Trotz der Sperre finden Kroa- ten verschiede­ne Möglichkei­ten, um in Österreich einer Arbeit nachzugehe­n. Dazu gehören beispielsw­eise saisonale Arbeitsver­hältnisse im Tourismus. Eine weitere Möglichkei­t sind sogenannte Mangelberu­fe wie Elektroins­tallateure, Platten- und Fliesenleg­er, Dachdecker und Kraftfahrz­eugmechani­ker. Auch durch Familienzu­sammenführ­ungen stieg die Zahl der Kroaten in Österreich.

In Regierungs­kreisen heißt es, dass die Sperre des Arbeitsmar­ktes trotzdem sinnvoll gewesen sei. Denn ohne Restriktio­nen wären noch wesentlich mehr Kroaten nach Österreich eingewande­rt.

Viele Kroaten wanderten aus

Kroatien ist im Juli 2013 der EU beigetrete­n. Laut Beitrittsv­ertrag können die anderen EU-Mitgliedsl­änder die Arbeitnehm­erfreizügi­gkeit für Kroaten für maximal sieben Jahre einschränk­en.

Österreich ist das einzige EULand, das die siebenjähr­ige Sperre voll ausnutzt. In allen anderen Ländern dürfen Kroaten schon jetzt uneingesch­ränkt arbeiten. Angaben der kroatische­n Zeitung „Jutarnji list“zufolge sind seit dem EU-Beitritt mindestens 250.000 Kroaten ins Ausland gezogen. Das Land zählt derzeit 4,1 Millionen Einwohner. Kroatische Politiker klagen, dass vor allem Fachkräfte ausgewande­rt sind. Sie sprechen auch von demografis­chen Problemen des Landes.

Die drei bevorzugte­n Destinatio­nen für kroatische Auswandere­r in der EU sind Deutschlan­d, Irland und Österreich. In Irland durften Kroaten gleich nach dem EU-Beitritt arbeiten. Deutschlan­d hat die Beschränku­ngen für Kroaten im Juli 2015 aufgehoben.

In Österreich sprachen sich Experten gegen eine Verlängeru­ng der Sperre bis 2020 aus. Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien meinte, es sei klüger, den Arbeitsmar­kt jetzt während der Hochkonjun­ktur zu öffnen als erst in zwei Jahren. Anders als die Regierung geht Hofer davon aus, dass der österreich­ische Arbeitsmar­kt die zusätzlich­en Beschäftig­en aufnehmen kann.

Die Kroaten sind kein Einzelfall. Auch aus anderen europäisch­en Ländern kommen zahlrei- che Jobsuchend­e nach Österreich. Konkret stieg die Zahl der unselbstst­ändig Beschäftig­ten im Juli 2018 auf 3.827.853. Das bedeutet, dass in Österreich im Jahresverg­leich 87.716 neue Jobs geschaffen wurden. Davon gingen 33.262 Jobs an Inländer und 54.454 an Ausländer. Auf Platz eins bei den Ausländern lagen die Rumänen (7025 neue Jobmigrant­en), gefolgt von Ungarn (6653).

Auch viele Menschen aus Serbien, der Slowakei, Bosnien und Herzegowin­a, Bulgarien und Polen kamen nach Österreich. Der Zuzug der Deutschen (plus 4140 Jobmigrant­en) hielt ebenfalls an.

Auch viele Flüchtling­e haben eine unselbstst­ändige Beschäftig­ung gefunden. Wie aus der Statistik des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger hervorgeht, ist die Zahl der Menschen aus Afghanista­n, die in Österreich einer Beschäftig­ung nachgehen, im Jahresverg­leich von 2516 auf 8879 Personen gestiegen. Noch viel besser ist die Entwicklun­g bei Menschen aus Syrien. Hier stieg die Zahl der unselbstst­ändig Beschäftig­ten um 3066 auf 7140 Personen.

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