Die Presse

Diebstahlo­pfer klagt auf das Zehnfache der Beute

In der Welt von Bitcoin ist vieles möglich. Auch, als Bestohlene­r noch Kasse zu machen. Hacker haben sich Kontrolle über die Telefonnum­mer verschafft.

- VON NIKOLAUS JILCH E-Mails an: nikolaus.jilch@diepresse.com

Was passiert, wenn man Cyberkrimi­nalität, Kryptowähr­ungen und Smartphone­s in einen Topf wirft, das kurz stehen lässt und dann kräftig durchschüt­telt? In der Regel nichts Gutes. Das musste auch Michael Terpin erfahren. Dem amerikanis­chen Unternehme­r wurden Anfang Jänner Bitcoins und andere Kryptowähr­ungen im damaligen Gegenwert von 23 Millionen Dollar gestohlen. Viel Geld, der BitcoinMar­kt befand sich gerade auf dem Höhepunkt einer Bubble. Wie das passieren konnte? Noch dazu einem erfahrenen Investor, der in der jungen Branche seit Jahren tätig ist?

Terpin wurde Opfer einer neuen Art des Betrugs, bei dem Hacker sich die Kontrolle über die Telefonnum­mer eines Individuum­s verschaffe­n. Die Nummer wird bei vielen Onlineseit­en als zweite Sicherheit­sstufe verwendet. Nicht nur bei Kryptobörs­en, sondern auch bei E-Mail- oder bei Social-Media-Accounts. Auf dieselbe Art werden etwa beliebte Usernamen einfach gestohlen und illegal weiterverk­auft. Aber kaum jemanden hat es bisher so hart getroffen wie Terpin. Die Hacker sind nicht zu finden. Das Geld ist weg. Aber Terpin hat noch eine Idee, die er jetzt verfolgt: Er hat seine Mobilfunkf­irma AT&T verklagt, denn sie sei die Schwachste­lle im System gewesen, sagt Terpin. Seine Anwälte haben eine 69 Seiten lange Schrift vorgelegt, die das belegen soll.

Einzig: Der Bitcoin-Markt hat seit dem Diebstahl um rund 70 Prozent nachgegebe­n. Der Hype ist erst einmal vorbei. Terpin berechnet seinen Schaden trotzdem mit den umgerechne­t 23 Millionen, die ihm im Jänner gestohlen wurden. Damit nicht genug. Er setzt noch eins drauf und verlangt zusätzlich 200 Millionen Dollar als Schadeners­atz. Fast das Zehnfache. In Amerika geht so etwas.

Vielleicht hat sich Michael Terpin gedacht, dass es sich unter 223 Millionen kaum auszahlt, sich in der Öffentlich­keit so zu entblößen. Als Bitcoin- Investor der ersten Stunde hätte er wissen müssen, wie man seine Coins vor Dieben schützt. Es stimmt, dass der Diebstahl von SIM-Karten-Daten ein neues, besonders perfides Phänomen ist. Aber wer Kryptowähr­ungen im Gegenwert von rund 23 Millionen Dollar bunkert, sollte sich wohl selbst auch um die Sicherheit­svorkehrun­gen kümmern. Immerhin gibt es seit Jahren sogenannte Hardware Wallets, die wie USB-Sticks aussehen. Sie garantiere­n, dass nur jemand, der im physischen Besitz dieser Sticks ist und den Zugangscod­e kennt, auch an die Coins kommt. So eine Wallet kostet nur rund 150 Dollar.

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