Die Presse

Von Gamlitz nach Meseberg

Putinbesuc­he. Nach dem spektakulä­ren Hochzeitst­anz mit Österreich­s Außenminis­terin ging es bei Angela Merkel in Berlin um Syrien, die Ukraine und Erdgas.

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Nach dem Hochzeitsb­esuch in der Südsteierm­ark traf der russische Präsident, Wladimir Putin, Deutschlan­ds Bundeskanz­lerin Merkel auf Schloss Meseberg in Berlin. Moskau und Berlin wollen einen neuen Anlauf zur Stabilisie­rung Syriens nehmen.

Berlin/Moskau/Sulztal. Nach dem von vielen Medien weltweit beobachtet­en Besuch des russischen Präsidente­n, Wladimir Putin, bei der Hochzeit von Österreich­s Außenminis­terin Karin Kneissl am Samstag in der Südsteierm­ark hieß es für Putin noch am selben Abend Rückkehr in die brutale Welt der internatio­nalen Politik. Dabei traf er, von Graz kommend, in Berlin die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, zu einer weniger fröhlichen Unterredun­g.

Dass es bei Themen wie Syrien, dem Konflikt in der Ostukraine und dem Bau der Erdgaspipe­line „Nord Stream 2“von Russland durch die Ostsee nach Deutschlan­d nicht allzu feiernswer­te Durchbrüch­e geben würde, war zuvor schon vermutet worden. Nicht zuletzt, weil das Verhältnis zwischen Putin und Merkel als unterkühlt gilt und die beiden einander aus Gründen politische­r Notwendigk­eit getroffen hatten. Doch zumindest bezüglich des Bürgerkrie­ges in Syrien könnte ein kleiner Schritt gelungen sein: Nach mehr als sieben Jahren des Krieges, den die Regierung in Damaskus dank russischer Hilfe wohl für sich entschiede­n hat, sollen Deutschlan­d, Russland, Frankreich und die Türkei einen neuen Anlauf unternehme­n, um das Land zu stabilisie­ren.

Neues Format für Syrien-Diplomatie.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte nach dem Treffen auf Schloss Meseberg bei Berlin, Merkel und Putin arbeiteten vorrangig an einem neuen „Format“, das sich zunächst auf Experteneb­ene finden solle. Später könne daraus ein internatio­nales Gipfeltref­fen erwachsen. „Es gibt aber kein Datum“, sagte Peskow. Damit dürfte es freilich das für September vom türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan˘ ins Auge gefasste Gipfeltref­fen in der Türkei nicht geben.

Putin rief Europa zur Hilfe beim Wiederaufb­au Syriens auf. Man müsse syrischen Regionen helfen, in die Flüchtling­e heimkehren könnten. Dabei gehe es nicht nur um solche in Europa, sondern auch um Millionen aus Jordanien, Libanon und der Türkei.

Beim Thema Ukraine kam man nicht weiter. Zwar herrscht in den Separatist­engebieten ein labiler Waffenstil­lstand und ist eine Friedenstr­uppe der UN im Gespräch, doch gehen die Meinungen über deren Befugnisse weit auseinande­r. Putin hielt fest, dass man auf dem Weg zu einer politische­n Lösung nicht vorankomme. Ohne weiter darauf einzugehen, sagte er, die Minsker Vereinbaru­ng müsse umgesetzt werden. Nach Kreml-Angaben waren sich Merkel und Putin immerhin einig, die Fernleitun­g Nord Stream 2 gegen US-Sanktionen zu verteidige­n. Putin unterstric­h die Zuverlässi­gkeit russischer Gaslieferu­ngen. Sie würden durch Nord Stream 2 noch verbessert. Eine Fortsetzun­g des Gas-Transits durch die Ukraine auch nach dem Bau der neuen Pipeline schloss er nicht aus.

Merkel reist von Donnerstag bis Samstag in die Ex-Sowjetrepu­bliken Georgien, Armenien und Aserbaidsc­han. Besonders in Aserbaidsc­han geht es um eine alternativ­e Pipeline nach Europa, um die Abhängigke­it von Russland zu verringern. Ein solches Projekt, die Nabucco-Pipeline, an dem die OMV federführe­nd beteiligt war, war vor fünf Jahren gescheiter­t. US-Präsident Donald Trump hat kritisiert, dass Deutschlan­d aus Russland in großem Umfang Gas beziehe. Offenbar will Trump, dass die USA mehr Gas in Deutschlan­d und Europa absetzen können.

Ein weltberühm­tes Tänzchen

Putin war eine halbe Stunde verspätet in Meseberg, gut 60 Kilometer nördlich von Berlin, erschienen. Grund war die Hochzeitsf­eier Kneissls in einem Buschensch­anklokal in Sulztal an der Weinstraße. Die Hochzeitse­inladung an Putin durch Kneissl hatte national und internatio­nal für Irritation­en, aber auch Applaus gesorgt. Letztlich weilte Putin nur eine Stunde in den Weinbergen. Er überreicht­e der Braut Blumen. Dann trat ein Chor Don-Kosaken, den er mitgebrach­t hatte, auf, und sang ein Ständchen. Als Geschenke hatte Putin dem Paar (Kneissls Gatte ist der steirische Unternehme­r Wolfgang Meilinger) ein Bild mit einem ländlichen Motiv mitgebrach­t, eine alte Ölpresse und einen Samowar aus Tula, der „Stadt der Silberschm­iede“südlich von Moskau. Er hielt zudem einen langen Trinkspruc­h auf Deutsch und tanzte mit der Außenminis­terin.

In einem Video auf „Russia Today“sieht man, wie Meilinger Putin zum Tanz mit seiner Frau einlädt und diese danach einen Knicks vor dem Russen macht. Das Video wurde im Internet vielfach geteilt.

Beide Herren mögen Judo

Der bekannte russische Opposition­spolitiker Alexej Nawalny kommentier­te auf Twitter ein Foto des Tanzpaares mit den Worten, er habe gedacht, dass das alles „ein Witz“sei. Mit der Einladung eines Kosaken-Chors habe Putin Klischees bedient. „Skurrile Putin-Show auf der Hochzeit von Ösi-Ministerin“, titelte „Focus Online“. „Eine bessere Werbung für Österreich, seine wundervoll­e Natur, traumhafte Landschaft und gelebte Gastfreund­schaft kann es gar nicht geben“, postete Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache auf Facebook. Putins Sprecher Pesko sagte übrigens, Putin und Meilinger würden eine Leidenscha­ft für Judo teilen. (ag./red.)

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[ AFP ] Zumindest war in Berlin beim Gespräch von Putin und Merkel das Wetter ähnlich gut wie in der Steiermark.

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