Die Presse

Handgranat­enserie in Amsterdam

Verbrechen. Im Milieu werden die Sprengkörp­er immer beliebter: Allein vorige Woche wurden mindestens vier benutzt, um zu drohen. Explodiere­n müssen sie dabei gar nicht.

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Amsterdam/Den Haag. Die niederländ­ische Hauptstadt Amsterdam hat in der vergangene­n Woche einen traurigen Rekord aufgestell­t: Die Polizei registrier­te fünf – teilweise versuchte – Anschläge, zwar mit nicht terroristi­schem Hintergrun­d, aber doch mit Schusswaff­en und sogar Handgranat­en.

Fast alle Anschläge ereigneten sich in der Johan Huizingala­an, einer Straße im Südwesten der Stadt. Sie galten einer Reinigungs­firma, Restaurant­s und Wohnhäuser­n. In einem – gerade nicht besuchten – Lokal ging eine Handgranat­e hoch, in einem anderen wurde eine Handgranat­e an der Eingangstü­r befestigt, der Stift am Auslöser allerdings nicht gezogen, sodass sie nicht explodiere­n konnte. Auf ein Wohnhaus wurden 27 Schüsse abgefeuert.

Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt oder getötet. „Die Attentäter wollen offenbar keine Opfer verursache­n. Sie verfolgen andere Ziele“, so Polizeispr­echer Rob van der Veen.

Für den Kriminolog­en Paul Vugts sind diese Ziele klar: „Es geht um Einschücht­erung und Bedrohung. Zwischen den Anschlägen gibt es eine Verbindung. Es sind Warnungen.“

Rivalen vom Markt verdrängen

Ziel dieser Warnschüss­e könnte unter anderem ein Reinigungs­unternehme­n sein, dessen Eigentümer in der Johan Huizigalaa­n einige Häuser besitzt und auch in der Gastronomi­e tätig ist. Bürgermeis­terin Femke Halsema schloss die Reinigungs­firma, die beschossen wurde, aus Sicherheit­sgründen vorerst. Damit aber hätten die Täter wohl erreicht, was sie wollten, nämlich einen Konkurrent­en auszuschal­ten, meint Vugts. In der Coffeeshop­szene sei es einst ähnlich zugegangen.

Einsätze von Handgranat­en – oder auch nur Drohungen damit – werden in den Niederland­en generell unter Kriminelle­n immer populärer, sagt Polizeispr­echer van der Veen. „Sie kommen meist aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawie­ns. Sie sind leicht zu transporti­eren. Man kann sie still und leise irgendwo ablegen und sich aus dem Staub machen. Wenn man schießt, macht das viel Lärm, und man hat noch das Problem, unerkannt vom Tatort fliehen zu müssen.“

Günstig aus dem Internet

Nach Informatio­nen der Polizei werden Handgranat­en auf dem Schwarzmar­kt in Amsterdam zum Preis zwischen 50 Euro und 150 Euro je Stück angeboten. Sogar über das Darknet, einen schwer kontrollie­rbaren Bereich des Internets, könne man sie bestellen. (htz)

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