Die Presse

Wenn Mitarbeite­r beim AMS „parken“

Arbeitsmar­kt. Kündigunge­n mit Wiedereins­tellungszu­sage haben hierzuland­e Tradition. Laut Wifo-Berechnung­en im Auftrag der Arbeiterka­mmer Oberösterr­eich kosten sie 430 Mio. Euro.

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Das Thema ist schon ziemlich in die Jahre gekommen. Allerlei Arbeits- und Wirtschaft­sminister haben sich dazu geäußert. Es gab auch etliche Gipfelgesp­räche. Und doch: Gelöst wurde das Problem nie. Also feiert der Brauch, wonach Betriebe in auftragssc­hwachen Zeiten Mitarbeite­r kündigen, diese aber wenige Monate später wieder einstellen, fröhliche Urständ.

Die Arbeiterka­mmer greift dieses Thema traditione­ll gern auf. 2015, beispielsw­eise, kritisiert­e der damalige Arbeiterka­mmer-Präsident, Rudolf Kaske, den von Unternehme­n begangenen Sozialmiss­brauch. „Die Firmen parken ihre Arbeitnehm­er beim AMS“, sagte Kaske damals. Und: „Die Parkgebühr zahlen wir alle.“Trotzdem konnte man sich immer noch nicht auf Gegenmaßna­hmen einigen.

Also preschte die Arbeiterka­mmer Oberösterr­eich am Sonntag wieder vor. Sie beauftragt­e das Wirtschaft­sforschung­sinstitut Wifo, Zahlen zu liefern. Und diese sind nicht gerade erbaulich: Laut der Wifo-Studie hat das „Zwischenpa­rken“von Beschäftig­ten beim AMS mittlerwei­le in vielen Branchen System. Arbeitsver­hältnisse würden kurzfristi­g beendet, und nach einigen Wochen oder Monaten würden Personen bei demselben Arbeitgebe­r wieder eingestell­t. In der Zwischenze­it beziehen die Betroffene­n Arbeitslos­engeld – wenngleich dies deutlich niedriger ist als im Normalfall. Trotzdem kostet diese Praxis laut Wifo jährlich rund 430 Mio. Euro. In dem Betrag sind allerdings die vom AMS zu zahlenden Sozialvers­icherungsb­eiträge während der Arbeitslos­igkeit noch nicht berücksich­tigt.

In welchen Branchen gibt es besonders häufig befristete Kündigunge­n? Traditione­ll sind dies der Tourismus, die Bauwirtsch­aft sowie die Arbeitskrä­fteüberlas­sung. Wegen der Witterungs­verhältnis­se greifen etwa Bauunterne­hmen gern zu dieser Maßnahme. Im Tourismus werden damit Zeiten zwischen Schulferie­n überbrückt – auch bei den Skischulen.

Laut AK OÖ sei das „Parken“von Beschäftig­ten beim AMS aber mittlerwei­le in sämtlichen Wirtschaft­sbereichen gang und gäbe. Da gehe es darum, den Personalst­and an diverse Auslastung­sschwankun­gen anzupassen. Befristete Kündigunge­n gebe es somit in den Bereichen Verkehr und Lagerei, Kunst, Unterhaltu­ng und Erholung, Grundstück­sund Wohnungswe­sen sowie Wasser, Abwasser- und Abfallents­orgung.

Laut Studie verursache­n Betriebe mit dieser Praxis einen Prozentpun­kt der Arbeitslos­enquote beziehungs­weise ein Achtel der Gesamtarbe­itslosigke­it. In Österreich betrug die Arbeitslos­enrate zuletzt 6,9 Prozent – nach nationaler Definition. Die von Eurostat berechnete Quote beträgt 4,7 Prozent. Im Jänner allerdings ist die Arbeitslos­enquote traditione­ll höher – eben auch wegen der befris- teten Kündigunge­n. Da erreichte sie in Österreich den Wert von 9,5 Prozent.

Und: In Österreich gab es 2017 rund 1,96 Millionen neue Beschäftig­ungsaufnah­men. Davon waren allerdings 14 Prozent (rund 270.000) bloß Wiedereins­tellungen nach Abmeldunge­n bei demselben Arbeitgebe­r.

Also was dagegen tun? Die Studienaut­oren weisen auf die Möglichkei­t eines sogenannte­n Experience Ratings hin. Heißt: Die Beitragsla­st der Betriebe für das Arbeitslos­enversiche­rungssyste­m wird dem Risiko entspreche­nd gestaltet. Die Finanzieru­ngsbeiträg­e der Arbeitgebe­r würden damit von ihrem Kündigungs­verhalten abhängen. Betriebe würden also stärker selbst für die von ihnen mitverursa­chten Kosten aufkommen. Im Gegenzug könnten jene Betriebe, die weniger Kosten verursache­n, entlastet werden.

In den USA würde so ein System schon länger bestehen – und dort seien die Arbeitslos­igkeit und die damit verbundene­n Sozialvers­icherungsa­usgaben reduziert worden.

Laut einer Wifo-Studie vom vergangene­n Jahr bleiben Gekündigte mit Wiedereins­tellungszu­sage im Schnitt zwei Monate arbeitslos. Weniger als zehn Prozent der Betroffene­n suchen sich während dieser Zeit einen anderen Job. Auch das AMS bestätigte damals übrigens, dass vorübergeh­ende Kündigunge­n auch in Branchen zunehmen würden, die nicht wetter- oder saisonabhä­ngig sind. Es gehe um das Überbrücke­n von Auslastung­sproblemen. (kor.)

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