Die Presse

Wenn Währungen zum Risiko werden

Devisen. Wer außerhalb der Eurozone investiert, muss derzeit viel Umsicht walten lassen. Denn an den Währungsmä­rkten geht es ziemlich turbulent zu, wenngleich die Gründe dafür höchst unterschie­dlich sind.

- MONTAG, 20. AUGUST 2018 VON NICOLE STERN

Für Devisenhän­dler ist es eine überaus spannende Zeit. Denn derzeit stehen zahlreiche Währungen im Fokus der Investoren – wenn auch nicht ganz freiwillig. Doch eines sei gleich vorweg klargestel­lt: Für Privatanle­ger ist der Devisenmar­kt als Tummelplat­z eher nicht geeignet.

Währungen lassen sich praktisch rund um die Uhr handeln, es werden in diesem Segment Beträge in Billionenh­öhe verschoben. Da haben Kleinanleg­er nichts verloren. Bei der Veränderun­g eines Wechselkur­ses geht es in der Regel nur um Cent-Beträge, die man als Einzelner weder beeinfluss­en noch Gewinn daraus ziehen kann.

Zwar ist das einem, und zwar George Soros 1992, gelungen, als er die Bank of England in die Knie zwang und das Pfund auf Talfahrt schickte. Doch war dies quasi einmalig in der Geschichte. Und hat sich bis dato nicht wiederholt.

Auch wenn Anleger auf dem Devisenmar­kt nicht mitmischen sollten, können sie die Auf- und Abwertung einer Währung durchaus nutzen. Zu spüren bekommen sie Wechselkur­seffekte jedenfalls, und zwar dann, wenn sie Aktien oder einen Kredit in fremder Währung besitzen oder außerhalb der Eurozone auf Urlaub sind. Als die „populärste“Fremdwähru­ng für Euro-Anleger gilt gemeinhin der Dollar. Leitzinser­höhungen in den USA und eine überaus gute Konjunktur haben die Vereinigte­n Staaten zu einem noch attraktive­ren Anlageort gemacht. Das mag auf den ersten Blick überrasche­nd klingen, denn US-Präsident Donald Trump tut mit seiner Politik viel dafür, um Ausländer (ob Unternehme­r oder Menschen) abzuschrec­ken oder fernzuhalt­en. Doch erntet er auch die Früchte einer global guten Wirtschaft­sentwicklu­ng, die dem Greenback in die Hände spielt. Für amerikanis­che Unternehme­n, die ihre Um- sätze vorwiegend im Ausland erzielen, ist eine Aufwertung der Landeswähr­ung nicht erfreulich. Es wird für andere nämlich teurer, die Waren zu importiere­n. Am Ende kann dies dazu führen, dass weniger Produkte abgesetzt werden oder billiger gemacht werden müssen, was wiederum die Gewinnauss­ichten negativ beeinfluss­en kann.

Für Anleger, die ihr Geld in USFirmen investiert haben, kann das freilich langfristi­g zum Problem werden. Auf kurze Sicht ist ein starker Dollar für Euro-Anleger aber erfreulich. Denn ihre US-Papiere werden immer mehr wert.

So konnte der amerikanis­che Dow-Jones-Index auf Dollarbasi­s im bisherigen Jahresverl­auf um rund drei Prozent zulegen. Aus Sicht eines Euroanlege­rs ging es hingegen um knapp neun Prozent nach oben.

Bei einem Anlagevolu­men von 5000 Euro (blendet man alle Spesen aus) macht das immerhin einen Gewinn-Unterschie­d von rund 300 Euro. Ein Gutteil der Buchgewinn­e, die Aktionäre aus der Eurozone einfahren konnten, ist also nichts anderes als die Schwäche ihrer eigenen Währung. Da haben Anleger sogar noch Spielraum für etwaige Kursverlus­te ihrer Papiere. Ist der Dollar zu stark, kann das jedoch zu Problemen in einigen Schwellenl­ändern führen. Denn zahlreiche Emerging Markets sind in der ausländisc­hen Währung verschulde­t. Steigen die Zinsen nun also im Dollarraum, wird es für die Staaten zunehmend teurer, ihre Schulden zu bedienen. Finanzmark­tteilnehme­r ziehen deshalb ihr Kapital aus diesen Märkten ab. In den USA bekommen sie schließlic­h auch ganz passable Zinsen, ohne dafür ein hohes Risiko in Kauf nehmen zu müssen.

Allerdings verschulde­n sich manche Schwellenl­änder auch in Dollar, was das Währungsri­siko etwas abmildern kann. Euro-Anlegern bliebe dennoch ein DollarExpo­sure. Allerdings kommt bei Hartwährun­gsanleihen das Kreditrisi­ko hinzu: Ein Staat kann eine fremde Währung bei Zahlungssc­hwierigkei­ten nicht einfach so abwerten.

Ziehen internatio­nale Investoren ihre Gelder aus einer Schwellenl­and-Währung ab, hat das auch Auswirkung­en auf die Lokalwähru­ng, die noch stärker unter Druck geraten kann. Zuletzt konnte man das in der Türkei beobachten. Das Rekordtief der Lira ist aber in erster Linie der Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan˘ und dem mangelnden Vertrauen der Investoren geschuldet.

Für Touristen ist der Kurseinbru­ch erfreulich, da es für einen Euro mehr Lira (oder Waren) gibt. Aktionäre müssen dagegen eine bittere Pille schlucken, weil sich ihr Vermögen, sofern sie es an der Börse Istanbul investiert haben, seit Jahresbegi­nn halbiert hat. Ein kleiner Trost: US-Anleger hat es noch schlechter getroffen.

Auch das britische Pfund befindet sich derzeit in einer Schwächeph­ase. Grund dafür ist die Sorge darüber, wie sich der EU-Austritt Großbritan­niens gestalten wird. Viele setzen deshalb bereits auf eine weitere Abwertung der Währung. Einige Marktteiln­ehmer schließen sogar eine Parität zum Euro nicht aus. Für Anleger wäre das nicht besonders gut. Denn die Stärke des Euro hat ihnen in diesem Jahr im FTSE 100 bereits ein Minus von drei Prozent eingebrach­t. Auf Pfundbasis lag der Verlust bei nur zwei Prozent, auf Dollar-Basis jedoch bei acht Prozent.

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