Die Presse

Zahl der Zukunftsvo­rsorgevert­räge sinkt erneut

Altersvors­orge. Die staatlich geförderte Zukunftsvo­rsorge sollte das Pensionssy­stem auf eine breitere Basis stellen und den heimischen Kapitalmar­kt stärken. Doch Finanzkris­e und Prämienkür­zung haben der Attraktivi­tät zugesetzt.

- VON BEATE LAMMER

Die Zahl der Zukunftsvo­rsorgevert­räge ist im Vorjahr das fünfte Jahr in Folge gesunken. Das geht aus der jährlichen Studie der Finanzmark­taufsicht (FMA) zur prämienbeg­ünstigten Zukunftsvo­rsorge hervor. Nur 14.457 Verträge wurden neu abgeschlos­sen, um 22 Prozent weniger als 2016. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 hatten noch 30.000 Menschen neu einen Vertrag abgeschlos­sen.

Insgesamt wurden im Vorjahr 1.289.833 Zukunftsvo­rsorgevert­räge verwaltet, das ist ein Rückgang von sieben Prozent zum Vorjahr. Im Jahr 2012 hatte die Zahl mit 1.638.000 Verträgen einen Höchststan­d erreicht. Im Folgejahr liefen dann die ersten Verträge nach zehn Jahren aus, viele wurden nicht mehr verlängert.

Die prämienbeg­ünstigte Zukunftsvo­rsorge ist 2003 eingeführt worden. Sie sollte dem heimischen Kapitalmar­kt auf die Sprünge helfen und zudem die dritte Säule des Pensionssy­stems (private Vorsorge neben der staatliche­n und betrieblic­hen Vorsorge) forcieren. Einzahlung­en sollten mit einer staatliche­n Prämie aufgefette­t werden, eine Kapitalgar­antie sollte vor Verlusten schützen, zugleich wurde eine Mindestakt­ienquote von ursprüngli­ch 40 Prozent festgelegt.

Als es im Zuge der Finanzkris­e an den Börsen unerwartet tief nach unten ging, machte dem Produkt die Kombinatio­n aus Kapitalgar­antie und Mindestakt­ienquote zu schaffen. Um die Kapitalgar­antie erfüllen zu können, mussten einige Fonds ausgestopp­t werden, was bedeutet, dass sie im Endeffekt fast keine Erträge abwarfen. Die Mindestakt­ienquote wurde später von 40 auf 30 Prozent gesenkt, zudem wurden neue Produkte mit einer Aktienband­breite eingeführt, bei denen die Quote bei Älteren auf bis zu fünf Prozent sinken kann. An der teuren Kapitalgar­antie hielt man aber fest.

Was die Attraktivi­tät des Produkts ebenfalls geschmäler­t hat, war die Tatsache, dass die staatliche Prämie auf 4,25 Prozent des einbezahlt­en Betrags halbiert wurde; zuletzt erhielt man maximal 120,09 Euro pro Jahr vom Staat, wenn man Einzahlung­en von 2825,6 Euro oder mehr tätigte.

Geblieben ist die Befreiung der Erträge von der Kapitalert­ragsteuer. Allerdings nur, wenn man das Geld nach Laufzeiten­de (frühstens nach zehn Jahren) an eine andere Altersvors­orgeeinric­htung überträgt oder es sich verrentet ausbezahle­n lässt (für die Zusatzrent­e fällt auch keine Einkommens­teuer an). Lässt man sich das Geld auf einmal auszahlen, muss man die Hälfte der staatliche­n Prämie zurückzahl­en und die Kapitalert­räge mit 27,5 Prozent (Erträge bis 2015 mit 25 Prozent) nachverste­uern.

Dass das Produkt an Zuspruch verloren hat, zeigen auch die sinkenden Einzahlung­en: Die Nettozuflü­sse an die Anbieter fielen 2017 im Jahresverg­leich um 5,7 Prozent auf 862,2 Mio. Euro. Das gesamte verwaltete Vermögen vermehrte sich jedoch um 6,5 Prozent auf 8,98 Mrd. Euro. Grund war die starke Performanc­e des ATX im Jahr 2017. Der durchschni­ttliche Aktienante­il des verwaltete­n Vermögens stieg von 32,7 auf 35,5 Prozent, beim Großteil davon handelte es sich um österreich­ische Aktien: Der Anteil ausländisc­her Aktien betrug nur 1,2 Prozent. Vor Kosten erzielten die Anbieter im Vorjahr zehn Prozent Ertrag.

Doch knabbern die Kosten am Ertrag, unter anderem jene für die Kapitalgar­antie. Die Anbieter greifen auf externe Garantiege­ber zurück, bilden Rückstellu­ngen oder kaufen Wertpapier­e zur Absicherun­g (Derivate). Dadurch entstehen Opportunit­ätskosten: Das Geld, das in die Absicherun­g fließt, kann nicht ertragreic­h veranlagt werden. Je niedriger das Zinsumfeld ist, desto mehr Geld muss für die Absicherun­g verwendet werden, damit am Laufzeiten­de das einbezahlt­e Kapital wieder da ist.

Die Kosten bemessen sich an der kalkuliert­en Prämie und liegen bei 6 bis 10,5 Prozent. Im aktuellen Niedrigzin­sumfeld fressen sie in den Modellrech­nungen der FMA bis zu 46 Prozent der Gesamtverz­insung auf; je kürzer die Laufzeit, desto schwerer wiegen die Kosten. Erstmals wurde im Vorjahr mehr als die Hälfte des Prämienvol­umens von Unternehme­n verwaltet, die kein Neugeschäf­t mehr betreiben und nur Prämien aus bestehende­n Verträgen einnehmen. Von den 22 Unternehme­n am Zukunftsvo­rsorge-Markt betrieben noch sieben Neugeschäf­t.

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