Die Presse

Die Geschichte einer Entfremdun­g

Sozialvers­icherungen und Regierung arbeiten aneinander vorbei.

- VON MARTIN FRITZL

D erzeit hat es den Anschein, als würden zwei Gesundheit­sreformen parallel zueinander abgewickel­t: Die eine wird von der Regierung getragen und beschäftig­t sich mit der Zusammenle­gung von Krankenkas­sen. Die andere wird von den Kassen und Bundesländ­ern vorangetri­eben und bemüht sich um bessere Zusammenar­beit aller Player und die Verlagerun­g von Leistungen von den Spitälern zu den niedergela­ssenen Ärzten.

Beides ist dringend notwendig: Eine Struktur mit 21 Sozialvers­icherungst­rägern ist anachronis­tisch und wenig effizient. Und noch viel weniger effizient ist die Spitalslas­tigkeit des heimischen Gesundheit­ssystems.

Erstaunlic­h ist nur, dass die führenden Kräfte so überhaupt nicht miteinande­r können. Die Regierungs­truppe misstraut den Funktionär­en der Sozialvers­icherungen – auch jenen der ÖVP – und stößt sie lieber vor den Kopf, als zu versuchen, Reformschr­itte gemeinsam umzusetzen. Und die Kassenfunk­tionäre misstrauen mittlerwei­le allem, was von der Regierung kommt.

Ganz nachvollzi­ehbar ist dieser Zustand der Entfremdun­g nicht. Speziell die Regierungs­seite wäre angehalten, trotz aller berechtigt­er Versuche festgefahr­ene Strukturen aufzubrech­en, das fachliche Potenzial der Sozialvers­icherungen zu nutzen. Sonst werden sich alle Reformbemü­hungen als wirkungslo­s erweisen.

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