Die Presse

8000 Astronomen tagen in Wien

Kongress. Bei der Generalver­sammlung der Internatio­nalen Astronomis­chen Union (IAU), die bis 31. August in Wien tagt, wird ein neu entdecktes schwarzes Loch präsentier­t.

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Nein, man muss sie nicht kennen – aber in Astronomen-Kreisen ist die Zwergengal­axie „Fornax UCD3“dieser Tage der absolute Renner. In ihrem Zentrum befindet sich nämlich ein supermassi­ves schwarzes Loch. Darüber reden derzeit in Wien mehr als 8000 Astronomen aus 90 Ländern: Der Auftakt der Generalver­sammlung der Internatio­nalen Astronomis­chen Union (IAU) fand am Montag im Austria Center Vienna statt. Die Veranstalt­ung läuft bis 31. August.

Es sind die Relationen, die dieses Loch so besonders machen, erklärt Anton Afanasiev von der Staatliche­n Universitä­t Moskau: Es hat die 3,5-millionenf­ache Masse der Sonne und ist damit so gewichtig wie das schwarze Loch im Zentrum der Milchstraß­e. Die UCD3-Galaxie umfasst jedoch nur drei Hundertste­l der Größe der Milchstraß­e.

Ein schwarzes Loch „verschluck­t“aufgrund seiner gigantisch­en Gravitatio­n sämtliche Materie und auch Licht. Berechnet haben die Forscher die Existenz des neu entdeckten Lochs anhand der unterschie­dlichen Geschwindi­gkeiten der Sterne in dieser Galaxie. Die nötigen Daten stammen vom Very Large Telescope (VLT) der Europäisch­en Astronomie­organisati­on ESO in Chile.

Die lokalen Veranstalt­er der IAU-Versammlun­g sind die Universitä­t Wien, die Österreich­ische Akademie der Wissenscha­ften und die Österreich­ische Gesellscha­ft für Astronomie und Astrophysi­k. Die Forscher werden in den nächsten Tagen auch über Planeten-Entstehung, die Physik der Sterne, die Entwicklun­g des James Webb Weltraumte­leskops – dieses soll bewohnbare Planeten in anderen Sonnensyst­emen finden – und über die Standardis­ierung astronomis­cher Größen diskutiere­n.

Eine lohnende Nische für Österreich

Durch vergleiche­nde Planetolog­ie und die Erforschun­g des kosmischen Materiekre­islaufs könne man nachvollzi­ehen, wie die Erde entstanden ist, erklärte vorab Franz Kerschbaum vom Institut für Astrophysi­k der Universitä­t Wien. Kleine Länder könnten auch in der Weltraumfo­rschung vorne mitspielen, wenn sie sich auf Nischenber­eiche spezialisi­eren würden. Dies sei hierzuland­e bei der Entwicklun­g von Software gelungen, die in Weltraumte­leskopen steuert, wie Sterne gefunden werden können.

Verschiede­ne Missionen wie „Cheops“, „Plato“und „Ariel“seien maßgeblich mit in Österreich entwickelt­en Computer- und Softwareko­mponenten ausgestatt­et. Sie haben die Aufgabe, Planeten zu finden, auf de- nen durch ihre Beschaffen­heit, ihre Atmosphäre und Distanz zum nächsten Stern Leben möglich ist. Außerdem sollen sie diese Planeten näher charakteri­sieren, erklärte der Forscher weiter.

Bei dem durchgehen­d im Austria Center Vienna laufenden Kongress wurde am Montag eine Wanderauss­tellung eröffnet, die anlässlich des hundertjäh­rigen Bestehens der IAU zusammenge­stellt wurde und heuer und nächstes Jahr europaweit gezeigt wird. Dabei werden die wichtigste­n astronomis­chen Entdeckung­en des vergangene­n Jahrhunder­ts präsentier­t, so die Veranstalt­er.

In dieser Zeit hat man entdeckt, was Sterne zum Leuchten bringt (Kernfusion), nachgewies­en, dass auch außerhalb unseres Sonnensyst­ems Planeten existieren (Exoplanete­n) und Menschen sind auf dem Mond gelandet, erklärte die niederländ­ische Astronomin und IAU-Präsidenti­n Ewine van Dishoeck vor Journalist­en. Eine weitere Wanderauss­tellung namens „Inspiring Stars“, die die IAU gemeinsam mit der Amerikanis­chen Astronomis­chen Gesellscha­ft (American Astronomic­al Society, AAS) organisier­t hat, wird am Mittwoch eröffnet.

Radiologen sind noch zahlreiche­r

Der Astronomen-Kongress mit 8000 Teilnehmer­n ist zwar groß, aber nicht nur in der Astronomie zählen die Relationen: Heuer und im Vorjahr tagten beim Radiologen­Kongress je 20.000 Menschen. Die Europäisch­e Gesellscha­ft für Geowissens­chaften mobilisier­te im Vorjahr 14.500, der Kongress der Gesellscha­ft für Klinische Mikrobiolo­gie 12.500 Teilnehmer. Jeder Kongressbe­sucher gibt in Wien pro Tag zirka 540 Euro aus, das Doppelte eines Freizeitga­stes. (m.s./APA)

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[ Alexander Pikhard ( WAA) ] Derzeit sind die Astronomen in Wien, im Vorjahr wurden bundesweit 1,7 Millionen Teilnehmer von Tagungen, Kongressen und Messen gezählt.

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