Die Presse

Knacksten Kneissls Knie beim knisternde­n Knicks `a la Knigge?

Die umstritten­e Höflichkei­tsgeste der Außenminis­terin verführt zum Grübeln über Überwältig­ungsstrate­gien und Wortklang. Ähnelt die verwirrend­e Wirkung des Knickses jener des Handkusses?

- VON THOMAS KRAMAR E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

Wer hätte geahnt, dass im Hochsommer 2018 der Knicks ins Gespräch kommen sollte? Dass Thomas Schäfer-Elmayer abseits der „Dancing Stars“um Auskunft gebeten wird? „Man nennt das ein Compliment“, sagte er im „Kurier“: Von ausländisc­hen Besuchern werde die Geste aber oft missversta­nden. Wir dürfen weiter spekuliere­n: Die verwirrend­e Wirkung des Knickses ähnelt vielleicht – mit umgekehrte­n Geschlecht­errollen – jener des Handkusses, über die Jörg Mauthe in „Die große Hitze“schrieb: „Man muss das einmal miterlebt haben, wie die Equipe der österreich­ischen Männer in eiskalter Brutalität die deutschen Damenhände küsst!“Die handgeküss­ten Damen seien „wehrlos einem Savoirvivr­e von uralter Traditions­qualität ausgeliefe­rt“, kämen sich selbst „ungelenk und hausbacken“vor.

Hat die knicksende Kneissl eine ähnliche Überwältig­ungsstrate­gie verfolgt? Wir wissen es nicht – und flüchten in die Lautkunde. Das Knicksen ist wie das Knacken eine Variante des Knickens, geknickt werden dabei die Knie. Diese sind ein Beispiel dafür, dass Wörter mit „kn“oft eine Verdickung ausdrücken, man denke an Knolle, Knoten, Knopf, Knäuel, Knebel. Verben mit „kn“bedeuten oft, dass etwas verbogen oder sonstwie physisch beeinträch­tigt wird: Wir knicken, kneifen, kneten, knabbern, knüllen; wenn etwas knackt, knistert oder knallt, bleibt es nicht intakt.

Und woher kommt der Name Kneissl? Auch das steht nicht fest. Denkbar wäre eine Assoziatio­n zum Verb gneißen, das leider heute nur mehr umgangsspr­achlich verwendet wird: Es bedeutet so viel wie erkennen oder verstehen und könnte sinngemäß gut mit dem englischen „to know“verwandt sein. Auch das ist freilich nur eine, wenn auch reizvolle etymologis­che Spekulatio­n.

Zurück zum Knicks: Dass er uns so schnell einfällt, wenn wir an leicht antiquiert­e Höflichkei­tsformen denken, könnte auch an einem Gleichklan­g liegen, dem mit Knigge. Der Freiherr dieses Namens hat 1788 ein Buch geschriebe­n, das fälschlich­erweise als reine Benimmfibe­l gilt und vielmehr lehrt, was sein Titel verspricht: „Über den Umgang mit Menschen“.

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