Die Presse

Putin-Besuch war nicht abgesproch­en

Diplomaten im Außenamt erhielten besorgte Nachfragen von EU-Kollegen.

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Mit ihrer Hochzeitse­inladung an Wladimir Putin überrascht­e Außenminis­terin Karin Kneissl die österreich­ische Staatsspit­ze.

Mit ihrer Hochzeitse­inladung an Wladimir Putin überrascht­e Karin Kneissl die österreich­ische Staatsspit­ze. Nach Informatio­nen der „Presse“sprach die von der FPÖ nominierte Außenminis­terin weder mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz noch mit Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen ihr Vorhaben ab, den russischen Präsidente­n zu ihrer Trauung in die Südsteierm­ark zu bitten.

Kneissl lud das russische Staatsober­haupt am Rande von dessen Wien-Besuch am 5. Juni im Kunsthisto­rischen Museum ein. Putin und Van der Bellen eröffneten dort die Ausstellun­g von 14 Meisterwer­ken aus der St. Petersburg­er Eremitage.

Auch Kurz nahm an der Veranstalt­ung teil – und bekam dem Vernehmen nach mit, wie Kneissl den Kreml-Chef ermunterte, zu ihrer Heirat zu kommen. Intervenie­ren wollte oder konnte er nicht mehr: Die Einladung war bereits erfolgt, eine Teilnahme erschien anfangs äußerst unwahrsche­inlich. Und wer redet schon gern einem Hochzeitsp­aar drein, wen es auf die Gästeliste setzt?

Klestil-Löffler zog die Fäden

Im Außenamt war nur der engste Kabinettsk­reis eingeweiht. Eine Schlüsselr­olle wird Margot Klestil-Löffler, der Witwe des Ex-Bundespräs­identen, zugeschrie­ben. Kneissls RusslandBe­auftragte ist mit Putin befreundet; er schenkte ihr und Thomas Klestil 2004 zwei Labradore, Welpen seiner eigenen Hündin. Von 2009 bis 2014 war Klestil-Löffler Botschafte­rin in Moskau. Nun nutzte sie ihre Kontakte, um den Kreml-Herrscher zur Hochzeit ihrer Chefin zu lotsen. Die frühere First Lady holte Putin am Flughafen in Graz ab und saß auch an der Hochzeitst­afel neben ihm.

Im Außenamt sorgen Kneissls umstritten­e Hochzeitsd­iplomatie und der Knicks vor Putin für einiges Kopfschütt­eln unter Beamten, die in den vergangen Tagen so manche belustigte bis besorgte Nachfrage von EU-Kollegen erhielten. (cu)

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