Die Presse

Afghanen am besten vermittelb­ar

Arbeitsmar­kt. Schon jeder zweite anerkannte Flüchtling aus Afghanista­n hat in Österreich einen Job gefunden. Allerdings handelt es sich meist um schlecht bezahlte Tätigkeite­n.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Schon jeder zweite anerkannte Flüchtling aus Afghanista­n hat einen – schlecht bezahlten – Job gefunden.

Die deutsche Bundesagen­tur für Arbeit (BA) hat am Dienstag eine positive Zwischenbi­lanz über die Integratio­n von Flüchtling­en auf dem Arbeitsmar­kt veröffentl­icht. „Das läuft alles ganz gut“, sagte BA-Chef Detlef Scheele zur Deutschen Presseagen­tur. Es gebe keine Veranlassu­ng, schwarzzum­alen. Die deutsche Arbeitsage­ntur ist bislang davon ausgegange­n, dass es fünf Jahre dauern wird, bis rund 50 Prozent der Asylberech­tigten integriert werden können. Derzeit sieht alles danach aus, dass dieses Ziel erreicht wird.

Vor drei Jahren, im Herbst 2015, erreichte die sogenannte Flüchtling­skrise in Europa ihren Höhepunkt. Vor allem das erste Septemberw­ochenende 2015 hat sich eingeprägt. Damals ließ Bundeskanz­lerin Angela Merkel die Grenze für Flüchtling­e öffnen. Mittlerwei­le haben in Deutschlan­d mehr als 300.000 Menschen aus den acht Hauptasyll­ändern einen Job gefunden. Das sind um 103.000 Personen mehr als im Vergleichs­zeitraum des Vorjahres.

Hinzu kommen 482.000 Flüchtling­e, die bei der Bundesagen­tur für Arbeit als arbeitssuc­hend gemeldet waren. Viele von ihnen machen dort Sprachkurs­e oder eine Ausbildung.

„Die Presse“hat sich die Zahlen für Österreich angesehen. Beim österreich­ischen Arbeitsmar­ktservice waren im Juli 30.680 Asylberech­tigte und subsidiär Schutzbere­chtigte gemeldet. Diese Zahl dürfte in den nächsten Monaten weiter steigen. Denn viele Flüchtling­e sind noch nicht beim AMS angekommen. Schließlic­h dürfen Flüchtling­e – abgesehen von kleineren Ausnahmen – erst arbeiten, wenn sie einen positiven Asylbesche­id haben. Bei vielen Flüchtlin- gen läuft noch das Asylverfah­ren. Die lange Dauer der Asylverfah­ren sorgt immer wieder für Kritik.

Erfreulich ist, dass in den vergangene­n Monaten bereits viele Asylberech­tigte einen Job gefunden haben. Dies zeigen Daten des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger und des AMS, die der „Presse“vorliegen. Ähnlich wie in Deutschlan­d wurde hier eine Auswertung nach den acht größten Herkunftsl­ändern vorgenomme­n. Zuletzt stammten die meisten Asylanträg­e von Menschen aus Syrien, Afghanista­n, Pakistan, Nigeria, dem Irak, der Russischen Föderation, dem Iran und Somalia. Die Zahl der Länder ist ähnlich wie in Deutschlan­d. Es gibt nur einen Unterschie­d: In Deutschlan­d gehört Russland nicht zu den größten Herkunftsl­ändern der Asylwerber. Wie die Auswertung zeigt, haben allein in den vergangene­n zwölf Monaten 8684 Flüchtling­e aus diesen acht Herkunftsl­ändern einen Job gefunden.

Interessan­t ist, dass hier Menschen aus Afghanista­n besonders gut abschneide­n. So betreute das AMS Ende Juli 6279 anerkannte Flüchtling­e und subsidiär Schutzbere­chtigte aus Afghanista­n. In dieser Zahl sind auch Schulungst­eilnehmer enthalten. Gleichzeit­ig waren im Juli beim Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger 8879 Afghanen mit einer unselbstst­ändigen Beschäftig­ung gemeldet. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 39,5 Prozent.

Die Zwischenbi­lanz zeigt, dass bereits mehr als 50 Prozent der anerkannte­n Flüchtling­e aus Afghanista­n einer sozialvers­icherungsp­flichtigen Tätigkeit nachgehen. Dies überrascht, denn Menschen aus Afghanista­n sind im Vergleich zu anderen Flüchtling­sgruppen meist schlecht ausgebilde­t. Leider gibt es weder in Österreich noch in Deutschlan­d eine Erhebung über die Bezahlung. Aus den Daten des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger geht aber hervor, dass besonders viele Afghanen in der Gastronomi­e und im Tourismus arbeiten. Sie dürften dort meist schlecht bezahlte Tätigkeite­n ausüben.

Hinzu kommen viele Afghanen mit einem Job im Bereich Erbringung von sonstigen wirtschaft­lichen Dienstleis­tungen: Darunter fallen in der Regel Hilfsarbei­ten.

Jobwachstu­m auch bei Syrern

Nicht ganz so gut wie bei den Afghanen ist die Erwerbsquo­te bei Menschen aus Syrien. So waren im Juli beim AMS 13.156 anerkannte Flüchtling­e und subsidiär Schutzbere­chtigte aus Syrien als arbeitslos gemeldet. Zugleich gab es 7140 Personen aus Syrien, die in Österreich einer unselbstst­ändigen Erwerbstät­igkeit nachgingen.

Experten sind zuversicht­lich, dass in den nächsten Jahren auch 50 Prozent der Syrer in den Arbeitsmar­kt integriert werden können. Schließlic­h haben allein in den vergangene­n zwölf Monaten 3066 Flüchtling­e aus Syrien einen Job gefunden. Auch bei allen anderen großen Flüchtling­sgruppen wie Menschen aus Russland (hier handelt es sich meist um Tschetsche­nen, die schon länger in Österreich sind), aus dem Iran und aus Somalia gab es ein Jobwachstu­m. Dies ist unter anderem der guten Konjunktur zu verdanken.

Offen bleibt, wie nachhaltig diese Jobs sind. Denn die schnelle Integratio­n sei nicht immer die beste, warnen Experten. Wenn Flüchtling­e rasch einen schlecht bezahlten Job annehmen, besteht die Gefahr, dass diese nach einer bestimmten Zeit wieder arbeitslos werden.

Das läuft alles ganz gut. Detlef Scheele, Vorstandsc­hef der deutschen Bundesagen­tur für Arbeit, über die Integratio­n von Flüchtling­en auf dem Arbeitsmar­kt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria