Die Presse

Unbequemes Stelldiche­in

Geldpoliti­k. Ende der Woche treffen sich die Notenbanke­r der Welt in den USA. Wird es eine Reaktion des Fed-Chefs auf Trump geben?

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Washington/Wien. Es ist der inoffiziel­le Höhepunkt des Geldjahres. Ende August treffen sich die Notenbanke­r der Welt in Jackson Hole, Wyoming, um in angenehmer Atmosphäre die Lage der Weltwirtsc­haft zu besprechen. Für Jerome (Jay) Powell wird sein erster Besuch als Chef der Fed aber nicht ganz so bequem wie erwartet. Die Kommentare von US-Präsident Donald Trump, einem Fan des billigen Geldes, kommen wohl nicht zufällig nur wenige Tage, bevor Powell in Jackson Hole seine bisher wohl wichtigste Rede halten wird. Allein dass das Event fast auf den Tag genau zehn Jahre nach der großen Finanzkris­e stattfinde­t, hätte der Rede große Bedeutung verliehen.

Nun erwarten Beobachter eine direkte Antwort auf Donald Trumps Attacke auf die Fed. Der Präsident hat seinen NotenbankC­hef in eine unangenehm­e Lage versetzt. Ändert er jetzt den Kurs und erhöht die Zinsen nur langsam, wird von politische­r Einflussna­hme die Rede sein. Aber was, wenn die Daten sich verschlech­tern sollten – und eine Verschiebu­ng der Zinserhöhu­ngen sogar angebracht wäre? Es wird erwartet, dass Powell in seiner Rede auf die Frage eingehen wird, wo der Konjunktur­zyklus steht – und dass er mögliche Probleme der kommenden Jahre skizziert.

Man darf nicht vergessen: Trotz der guten Wirtschaft­slage befinden sich die Notenbanke­n noch immer in unbekannte­n Gewässern. Dazu kommt die Frage, wie weit die Fed die Zinsen überhaupt anheben kann. Sie befinden sich nämlich seit 1980 auf einem langfristi­gen Trend nach unten. Eine Zinsanhebu­ng würde auch die Refinanzie­rung des amerikanis­chen Staates verteuern. Gleichzeit­ig droht dank der angriffige­n Wirtschaft­spolitik der Trump-Regierung eine Verschlech­terung der Handelsbez­iehungen mit China und Europa.

Nationalba­nk-Chef Ewald Nowoty wird in Jackson Hole heuer nicht dabei sein. Er wird von Direktor Peter Mooslechne­r vertreten. Sowohl für Nowotny als auch für den Präsidente­n der Europäisch­en Zentralban­k, Mario Draghi, wird das Meeting im Jahr 2019 die letzte Chance für eine Teilnahme sein. Ihre Mandate werden im Herbst des kommenden Jahres auslaufen. (jil)

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