Die Presse

Microsoft: Russische Hacker haben Kongresswa­hlen im Visier

Cyberattac­ke. Die russische Gruppe „Fancy Bear“soll wieder in den USA zugeschlag­en haben. Und diesmal waren nicht die Demokraten das Ziel.

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Ihre Spur führt rund um den Globus. Nach Georgien zum Beispiel. Auch der deutsche Bundestag soll schon Angriffszi­el gewesen sein. Genauso wie die US-Präsidente­nwahlen. Sie tragen viele Namen: Die einen nennen sie APT28, die anderen Sofacy, Pawn Storm, Strontium oder Fancy Bear, also schicker Bär. Aber das Kollektiv dahinter ist nach Ansicht westlicher Geheimdien­stler immer dasselbe: Sie sehen Hacker im Dienste des russischen Militärgeh­eimdiensts am Werk.

Und die Gruppe hat wieder zugeschlag­en. Zumindest behauptet das Microsoft. Der größte SoftwareHe­rsteller der Welt hat nach eigenen Angaben in der Vorwoche einen Hackerangr­iff auf konservati­ve amerikanis­che Thinktanks sowie Seiten des US-Senats aufgedeckt und abgewehrt. Microsoft machte sechs gefälschte Webseiten aus. Das soll nur die Spitze des Eisbergs sein: 82 „fake websites“will der Konzern seit 2016 vom Netz genommen haben. Die Angriffe würden „auf immer mehr Gruppen in Verbindung mit Parteien zielen“, warnte Konzernche­f Brad Smith.

Russlandkr­itiker im Visier

Diesmal waren nicht die Demokraten das Ziel, wie mutmaßlich während der US-Präsidente­nwahl. Sondern Thinktanks mit Nähe zu den Republikan­ern, den Parteifreu­nden Donald Trumps. Der schicke Bär nimmt also offenbar den Elefanten (das Wappentier der Republikan­er) ins Visier. Warum?

In den außenpolit­ischen Thinktanks ist das Establishm­ent der Republikan­er vernetzt. Trumps zumindest rhetorisch sanfte Russland-Politik geht ihnen gegen den Strich. Das attackiert­e Internatio­nal Republic Institute wurde jahrelang von John McCain geleitet, dem Senator und scharfen Putin-Kritiker, dem Trumps Kuschelkur­s mit Russland missfällt. Das Hudson In- stitute setzt sich mit autoritäre­n Kleptokrat­ien auseinande­r und zählt dazu auch Russland.

Der Zeitpunkt der Angriffe ist heikel. Längst geht in Washington die Angst um, die Kongresswa­hlen im November könnten zum nächsten Schlachtfe­ld russischer Cyberkrieg­er werden. Vor wenigen Wochen deckte Facebook eine Kampagne auf. 32 Seiten und Profile wurden gelöscht.

Und nun scheint wieder „Fancy Bear“zu wüten. Denn in allen den Russen zugeschrie­benen Fällen gibt es eine Gemeinsamk­eit: Die sogenannte­n Command-&-Control-Server erinnern an MicrosoftP­rodukte und tragen Namen wie „livemicros­oft.net“oder „rsshotmail.com“. Zunächst werden Nutzer über sogenannte Phishing-Angriffe auf Webseiten gelockt, die ihren Vorbildern, etwa dem OnlineAuft­ritt des Hudson Institutes, zum Verwechsel­n ähnlich sehen. Dort sollen sie Benutzerda­ten und Pass- wörter eingeben. So kommen die Hacker an die persönlich­en Daten.

Die Server zu finden und gar abzuschalt­en ist schwierig. Microsoft bedient sich dabei immer wieder desselben Gesetzes: Aufgrund der Namensähnl­ichkeit klagt der Konzern auf die Herausgabe der Domains wegen Markenzeic­henVerletz­ung und Verwässeru­ng. Somit wird alles auf Microsofts sichere Server umgeleitet.

Mit dieser Methode hat Microsoft seit 2016 insgesamt 122 Spionage-Opfer ausgemacht. Das mag nach einer gar nicht so großen Zahl klingen. Doch heutzutage ist jeder vernetzt. Die Hacker sind also nicht nur im Besitz der Daten und Informatio­nen von 122 Personen, sondern auch all jener, mit denen diese vernetzt sind. Sei es per eMail, Facebook, oder ganz simpel über die Telefonnum­mer. Zum Vergleich: 270.000 Menschen haben die App „thisisyour­digitallif­e“von Aleksandr Kogan installier­t. Das reichte aus, um Daten von rund 50 Millionen Menschen zu gewinnen.

Kremlsprec­her Dimitrij Peskow wies Microsofts Anschuldig­ungen zurück. Er verlangte „Beweise“. Russland hatte frühere Vorwürfe auch als antirussis­che Kampagne abgetan, die das Ziel habe, die USSanktion­en gegen Moskau zu rechtferti­gen. Die USA hatten Anfang August angekündig­t, ihre Strafmaßna­hmen wegen des Giftanschl­ags auf den russischen ExAgenten Serge Skripal im südenglisc­hen Salisbury zu verschärfe­n.

Briten für härtere Sanktionen

Der neue britische Außenminis­ter Jeremy Hunt bedrängt nun die EU, ihre Sanktionen gegen Russland ebenfalls nachzuschä­rfen. Denn der Kreml bringe mit seinem „aggressive­n und bösartigen Verhalten“die regelbasie­rte Weltordnun­g in Gefahr, so Hunt, der am Dienstag zum Antrittsbe­such ins Weiße Haus kam. (strei/bagre)

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