Chinas erkaufte Verbündete
El Salvador. Immer weniger Länder pflegen noch diplomatische Beziehungen zu Taiwan. Nun kappt El Salvador das Verhältnis zur demokratischen Inselrepublik – und biedert sich Peking an.
Nun sind es nur noch 17. So viele Länder erkennen Taiwan offiziell als eigenständigen Staat an. Am Dienstag hat Taiwans Außenminister, Joseph Wu, zugegeben, dass auch El Salvador die diplomatischen Beziehungen zu der Inselrepublik gekappt hat. „Höchst bedauerlich“sei das, sagte Wu. „Aber wir werden uns an keiner DollarDiplomatie beteiligen“, wie sie Peking betreibe.
Kurz zuvor gab in Peking der chinesische Außenminister, Wang Yi, bei einem Treffen mit seinem salvadorianischen Amtskollegen, Carlos Castaneda, bekannt, El Salvador habe sich zur „Ein-ChinaPolitik“bekannt. Castaneda rechtfertigte sich: Seine Regierung habe „strategisch“entschieden. Die Entscheidung sei der „richtige und vorteilhafte Weg für die Menschen in beiden Ländern“. Taiwan erwähnte er mit keiner Silbe.
Was Taiwans Außenminister mit „Dollar-Diplomatie“meint: Es ist kein Geheimnis, dass die politisch und inzwischen auch wirtschaftlich sehr viel mächtigere Volksrepublik versucht, die verbliebenen Staaten, die mit Taiwan noch diplomatische Beziehungen unterhalten, mit Investitionshilfen zu ködern. Genaue Summen gibt die chinesische Führung in Peking freilich nicht bekannt.
Im Fall von El Salvador dürfte es wohl darum gegangen sein, dass die dortige Regierung seit geraumer Zeit um Geldgeber aus dem Ausland bemüht ist, die bereit sind, den Ausbau eines Hafens im Osten des Landes zu finanzieren. Taiwan lehnte ab mit der Begründung, die Investitionen in diesen Hafen würden sich nicht rentieren. China hingegen hat wohl Interesse bekundet.
Im Fall von El Salvador verwies Taiwans Außenminister zudem darauf, dass in dem zentralamerika- nischen Land im nächsten Februar Wahlen anstehen. Die Regierungspartei liegt in den Meinungsumfragen derzeit zurück und will wirtschaftlich punkten. Dazu gehört auch die Finanzierung des Hafenausbaus. Nach taiwanesischen Regierungsangaben habe die salvadorianische Regierung bei Taiwan auch um Mittel für Werbekampagnen geworben. Taiwans Regierung lehnte ab. „Das verstößt gegen unsere demokratischen Grundsätze, und deshalb konnten wir uns nicht dazu verpflichten“, sagte Wu. So speziell die Anliegen sind – El Salvador ist keineswegs das einzige Land, das sich für die Volksrepublik und gegen Taiwan entschieden hat. In diesem Jahr haben schon Burkina Faso und die Dominikanische Republik der Inselrepublik den Rücken gekehrt und stattdessen diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik auf- genommen. Im Jahr zuvor brach Panama mit Taiwan. Neben dem Vatikan, der derzeit ebenfalls seine Politik überdenkt und mit Peking verhandelt, handelt es sich nur noch um einige kleine Pazifikländer und Karibikinseln in Mittelamerika, die Taiwan anerkennen, auf Beziehungen zur Volksrepublik aber verzichten müssen. Denn das ist genau das, was Chinas Führung fordert: Es gibt nur ein China. Und dessen Regierung sitzt in Peking.
De facto ist die dem chinesischen Festland vorgelagerte Insel Taiwan mit ihren 23 Millionen Einwohnern zwar ein unabhängiger Staat mit Demokratie, eigener Verwaltung und eigenem Militär. Auf Betreiben Pekings wird die Insel von den meisten Ländern aber nicht als eigenständiger Staat anerkannt. Der Konflikt geht auf das Bürgerkriegs- ende von 1949 zurück. Damals flüchteten die unterlegenen Nationalchinesen (Kuomintang) vor den Kommunisten nach Taiwan. Beide Regierungen reklamieren seitdem für sich, die rechtmäßige Regierung Chinas zu sein. Bis in die Siebzigerjahre pflegte die Mehrheit der Länder mit Taiwan diplomatische Beziehungen. Taipeh hatte im UN-Sicherheitsrat sogar einen ständigen Sitz. Dann kamen Washington und Peking einander näher. Auch die meisten europäischen Regierungen kündigten das Verhältnis mit Taiwan auf.
Bis heute hat es zwischen Peking und Taipeh keine Einigung gegeben. Peking hält Taiwan für eine abtrünnige Provinz und bezeichnet sie als „unabtrennbaren Bestandteil Chinas“. In Taiwan hingegen mehren sich die Stimmen, die für eine auch formelle Unabhängigkeit plädieren.