Spätfolgen des Finanzcrashs
Buch. Historiker Adam Tooze rechnet in „Crashed“mit dem zaghaften Krisenmanagement der Europäer nach 2008 ab.
Welche Zusammenhänge gibt es zwischen der internationalen Finanzkrise von 2008, in deren Mittelpunkt der US-Immobilienmarkt gestanden ist, und der Eurokrise, die zwei Jahre später ausgebrochen ist und Griechenland an den Rand des Bankrotts gebracht hat? Nach der Interpretation von Adam Tooze sind die Querverbindungen nicht zu übersehen. In „Crashed. How a Decade of Financial Crises Changed the World“, seiner gewichtigen Aufarbeitung der zehn vergangenen Krisenjahre (die im September in deutscher Übersetzung erscheint), beschreibt der britische Historiker, wie sich europäische Banken von der Immobilienspekulation in den USA anstecken ließen. Tooze vergleicht das Krisenmanagement der USRegierung von Barack Obama mit den Bemühungen der Europäer und kommt zu dem Schluss, dass die europäische Schuldenkrise durch das Zögern der EU-Krisenfeuerwehr – zunächst bei der Sanierung der europäischen Banken und später beim Umgang mit Griechenland – zusätzlich angefacht wurde.
Ein Aspekt der Finanzkrise, der bis dato nur marginal behandelt wurde, nimmt in dem Buch eine zentrale Stelle ein – nämlich die Abhängigkeit der europäischen Finanzinstitute von der US-Währung. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise verfügten die europäischen Banken nicht über ausreichende Dollarreserven, um ihre Verbindlichkeiten zu begleichen – es drohte die Kernschmelze des gesamten Bankensystems der EU. Nur das beherzte Eingreifen der US-Notenbank Fed, die den europäischen Währungshütern im Herbst 2008 nahezu unbegrenzte DollarKreditlinien anbot, stabilisierte die Lage und verhinderte die Katastrophe. (la)
Adam Tooze:
Penguin/Allen Lane 720 Seiten 24,99 Euro (auf Deutsch erhältlich ab 10. September)