Finanzberater rittert gegen Modehändler um Charles Vögele
Verkauf. Am Donnerstag soll die Zukunft der insolventen Textilkette entschieden werden. Der Sanierer GA Europe tritt gegen die niederländische Victory and Dreams an.
Kommenden Donnerstag geht der Überlebenskampf der Anfang August in die Pleite geschlitterten Textilhandelskette Charles Vögele mit 102 Filialen und 711 Mitarbeitern in die entscheidende Phase: Da will der Masseverwalter, der Grazer Rechtsanwalt Norbert Scherbaum, bei einer weiteren Gläubigerausschusssitzung einem der zwei verbliebenen Interessenten im Bestfall schon den Zuschlag erteilen.
Das ist keine einfache Entscheidung für ihn, denn die Bieter könnten unterschiedlicher nicht sein. Wie „Die Presse“erfuhr, ist es einerseits die GA Europe GmbH. Der Finanzberater ist nach eigenen Angaben ein führender Restrukturierungsspezialist. Die in München beheimatete Firma hat sich dabei schon im Handel einen Namen gemacht. „Wir sind Spezialisten im Einzelhandel/Umstrukturierung mit über 30 erfolgreich abgeschlossene Transaktionen in Europa“heißt es auf der Website von GA Europe.
Der andere potenzielle Käufer ist das niederländische Textilunternehmen Victory and Dreams Holding BV, das unter anderem die Marke Miller & Monroe im Programm hat. Die Holländer sind für Vögele keine Unbekannten: Sie haben heuer in Deutschland 200 Vögele-Filialen übernommen und im Vorjahr 72 Vögele-Niederlassungen in den Niederlanden aufgekauft. Das Unternehmen verkauft Damen- und Herrenmode, wobei neben der Eigenmarke auch noch andere Marken im Sortiment sind. Die Hauptziel- gruppe sind über 40-jährige Männer und Frauen.
Am Montag hat Scherbaum dem Gläubigerausschuss vier Interessenten präsentiert. Zwei sind nun übrig geblieben. Und die stellen – was nicht überraschend ist – auch Bedingungen. Es gilt also, auf dem Weg zur Fortführung von Vögele noch einige Stolpersteine zu überwinden.
Eine Bedingung soll dem Vernehmen nach der auch von Scherbaum angepeilte Share-Deal sein. Dazu müsste die insolvente Schweizer Muttergesellschaft ihre Anteile an der Österreich-Tochter um einen symbolischen Euro abtreten. Der Vorteil für den Käufer wäre, dass er automatisch in die Mietverträge der Filialen eintreten könnte. Er müsste sich jedoch mit der Gläubigerschaft auf den Sanierungsplan samt Quote einigen, und er müsste die Schulden und alle Mitarbeiter übernehmen.
Zudem verlangen die Bieter, dass die Forderungen der Mutterholding an die Tochter sowie die Haftungen der Tochter für die Schweizer Mutter nicht schlagend werden. Offen ist auch, was mit der Marke Vögele passiert. Sie gehört der Schweizer Großbank UBS.
Vögele ist infolge der Insolvenz des Schweizer Mutterkonzerns, eines fehlgeschlagenen Sortimentswechsels und der generell starken Onlinekonkurrenz für den stationären Handel pleitegegangen. Zudem ist die schon zuvor eingeleitete Suche nach Investoren ergebnislos verlaufen. Charles Vögele erzielte 2016 (jüngste vorliegende Bilanz) bei 120 Mio. Euro Umsatz 2,3 Mio. Euro Gewinn, wies jedoch ein negatives Eigenkapital von knapp 14 Mio. Euro aus.
Die Gläubigerschützer Kreditschutzverband, AKV und Creditreform hoffen gleichermaßen auf eine rasche Lösung, um so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten und die Quote von mindestens 20 Prozent für die 178 Gläubiger zu sichern. Die Zeit drängt, denn die Herbst-Winter-Ware muss jetzt bestellt werden, was Vögele ohne frisches Geld nicht schafft. Außerdem gilt es, die Kunden zu halten. Und nicht zuletzt stehen auch die Septembergehälter an. Dafür gebe es allerdings Geld in der Masse, heißt es. Schon die Augustgehälter hat Scherbaum bevorschusst. Die Juligehälter und das Urlaubsgeld wurden indes schon vom Insolvenz-Entgelt-Fonds übernommen.