Länger arbeiten im Osten
Gehalt. 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer müssen Ostdeutsche weiter länger und für weniger Geld arbeiten als Landsleute im Westen.
Im Jahr 1989, kurz vor dem Mauerfall, glich die Wirtschaft der sozialistischen DDR einer Wüste. Heute, fast drei Jahrzehnte später, sind die ökonomischen Defizite im Osten der wiedervereinten Bundesrepublik immer noch deutlich zu spüren. Im Vorjahr arbeiteten Ostdeutsche mit 1346 Stunden im Schnitt um 67 Stunden länger als Westdeutsche – und verdienten dafür fast 5000 Euro brutto weniger (30.172 Euro). Wird Berlin zur Gänze dem Westen zugerechnet, geht die Schere zwischen Ost und West noch stärker auf.
Im Schnitt am längsten gearbeitet wurde 2017 der Statistik zufolge in Thüringen mit 1371 Stunden. Am wenigsten Arbeitsstunden waren es in Nordrhein-Westfalen (1261). Bei Löhnen und Gehältern je Arbeitnehmer war dagegen Hamburg Spitze mit 40.771 Euro brutto im vergangenen Jahr. Es folgen Hessen (37.832 Euro) und BadenWürttemberg (36.786 Euro). Am wenigsten verdienten Arbeitnehmer demnach im Schnitt in Mecklenburg-Vorpommern mit 27.520 Euro.
Beim Arbeitsvolumen erfasst der Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden am jeweiligen Arbeitsort – auch bei Beschäftigten mit mehreren gleichzeitigen Jobs. Nicht einbezogen werden etwa Urlaub, Elternzeit, Feiertage, Kurzarbeit oder Abwesenheit wegen Krankheit. Dabei „gehe es weder um Intensität noch Qualität der geleisteten Arbeit“, erläutern die Statistiker. Nicht korrekt sei daher, von Unterschieden im „Fleiß“oder der „Arbeitsbereitschaft“zu reden.
Als Ursachen für Unterschiede gelten unter anderem tarifliche Regeln. Wochenarbeitszeiten von 40 Stunden hatten im Westen noch acht Prozent der Tarifbeschäftigten, im Osten aber 40 Prozent, wie eine Auswertung des Wirtschaftsund Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen HansBöckler-Stiftung von 2017 ergab.
Einfluss haben etwa auch die Zahl der Feiertage und der Anteil von Vollzeit, Teilzeit und geringfügiger Beschäftigung. Zu Arbeitnehmern zählen unter anderem Arbeiter und Angestellte, Beamte, Richter, Soldaten, Auszubildende und Praktikanten.
Wie hoch Verdienste regional ausfallen, kann davon abhängen, ob es Unternehmen mit gut bezahlten Jobs gibt. Einfluss auf die Gehaltshöhe hat auch die Qualifikation von Arbeitnehmern. Über die Kaufkraft sagt die Höhe der Bruttolöhne nichts aus – dies hängt von den Lebenshaltungskosten ab, die sich regional ebenfalls unterscheiden. (red./ag.)