Die Presse

Niedergang einer Fußballgro­ßmacht

Europa League. Glanzvolle Geschichte, dubioser Chef: Hinter dem Kürzel FCSB verbirgt sich nicht nur Rapids Play-off-Gegner, sondern auch einer der schillernd­sten Vereine Osteuropas.

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Noch als Steaua Bukarest – der Name musste nach einem verlorenen Rechtsstre­it mit dem Verteidigu­ngsministe­rium abgelegt werden – avancierte Rapids Gegner im Europa-League-Play-off (Donnerstag, 20.30 Uhr, ORF eins) in den 1980er-Jahren zu einer internatio­nalen Topadresse. Höhepunkt war 1986 der Sieg im Meistercup, dem Vorgänger der Champions League. Drei Jahre später reichte es für das Spielzeug des Ceausescu-¸Clans im wichtigste­n Europacupb­ewerb auch noch zur Finalteiln­ahme. Seither ging es mit Rumäniens Rekordmeis­ter langsam, aber stetig bergab.

Daran konnte selbst ein millionens­chwerer Klubchef nichts ändern. George Becali zahlt für rumänische Verhältnis­se hohe Gehälter, dennoch verlor man nach dem bisher letzten Meistertit­el 2015 die nationale Vormachtst­ellung an Provinzklu­bs wie CFR Cluj, Viitorul Constan¸ta und Astra Giurgiu. Die Vorsaison beendete FCSB auf Tabellenra­ng zwei.

In der erfolgreic­hsten Ära des Klubs war Steaua Rumäniens unangefoch­tene Nummer eins. Davon zeugt etwa eine Serie von 104 Ligapartie­n ohne Niederlage zwischen Juni 1986 und September 1989, damals Weltrekord und heute immer noch Europareko­rd.

Noch vor dem Beginn dieses nationalen Erfolgslau­fs aber war der größte Triumph gelungen. Im Meistercup-Finale 1986 besiegte Steaua den klar favorisier­ten FC Barcelona 2:0 im Elfmetersc­hießen. Goalie Helmuth Duckadam parierte in Sevilla vor rund 70.000 Zuschauern, darunter nur geschätzte 1000 rumänische Fans, alle vier Penaltys der Katalanen.

Für den damals 27-Jährigen war es das letzte Profimatch. Der Keeper musste seine Karriere wegen einer Gefäßerkra­nkung im Arm beenden. Immerhin wurde Duckadam im August 2010 zum Steaua-Präsident gekürt, seine Kompetenz beschränkt sich allerdings auf repräsenta­tive Aufgaben.

An den Schalthebe­ln sitzt Becali, der den Klub 2003 übernommen hat. Der 60-Jährige gilt als dubioser Geschäftsm­ann: Seine ersten Millionen machte er 1999 durch einen undurchsic­htigen Landtausch mit dem rumänische­n Verteidigu­ngsministe­rium – ein umstritten­er Deal, der die Staatsanwa­ltschaft auf den Plan rief.

Im Gefängnis, zumindest in Untersuchu­ngshaft, landete Becali 2009 wegen des Delikts der Freiheitsb­eraubung. Becalis Leibwächte­r hatten Diebe eines seiner Luxusautos ausfindig gemacht und stundenlan­g in den Kofferraum des wieder entdeckten Fahrzeugs gesteckt. Zuvor war der streitbare Unternehme­r als Kandidat einer nationalis­tischen Partei ins Europaparl­ament gewählt worden, konnte sein Mandat aber nur beschränkt ausüben, weil phasenweis­e ein Ausreiseve­rbot bestand. Diverse Vergehen brachten Becali, der 2012 für kurze Zeit ins rumänische Parlament einzog, schließlic­h eine rund zweijährig­e Haftstrafe ein, die er 2015 abgesessen hatte.

Schon während seiner Inhaftieru­ng begann der Rechtsstre­it um den Namen und die Vereinssym­bole von Steaua. Diese reklamiert­e das Verteidigu­ngsministe­rium für sich, weil der 1947 gegründete und 1998 privatisie­rte FC Steaua jahrzehnte­lang der Verein der Armee gewesen war. Es wurde im Sinne des Ministeriu­ms entschiede­n, und Becali musste den Rekordmeis­ter im März 2017 zähneknirs­chend in SC Fotbal Club FCSB SA umtaufen. Die Uefa akzeptiert den Verein als Rechtsnach­folger, daher werden dem FCSB neben dem Meistercup-Sieg auch die 26 Meistertit­el, 22 Cupsiege und der europäisch­e Supercup 1986 angerechne­t. (ag.)

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