Die Presse

Schickt bloß keine Männer zum Mars, sondern Frauen!

Das weibliche Gehirn ist vor Strahlen besser geschützt, bei Mäusen.

- VON JÜRGEN LANGENBACH

Der immer eilige Elon Musk will ab 2024 eine Million Menschen zum Mars schießen – für 200.000 Dollar pro Person –, die Nasa lässt es ruhiger angehen, sie plant, erste Astronaute­n um 2030 auf die Reise zu schicken. Die Geduld hat ihren Grund: Das All ist rau, der Körper ist für seine Umwelt nicht gerüstet, vor allem für eines nicht: Sonnenwind und Kosmische Strahlung, beide bestehen aus hochenerge­tischen Teilchen, die vom Magnetfeld der Erde abgefangen werden. Weiter draußen prasseln sie durch alles hindurch, auch durch Gehirne.

Aus Mäuseversu­chen weiß man, was dann droht: Demenz. Das merkte etwa Charles Limoni (UC Irvine), der Mäuse auf der Erde simulierte­r kosmischer Strahlung aussetzte, ihre Orientieru­ng in Raum und Zeit wurde gestört, die Lernfähigk­eit und das Gedächtnis ebenfalls. Das merkte auch Susanna Rosi (UC San Francisco), aber ihr fiel auch auf, dass die Testmäuse Männchen waren, man verwendet generell überwiegen­d sie in der übrigen Forschung, weil sie leichter zu halten sind und keinen hormonelle­n Schwankung­en unterliege­n.

Deshalb wiederholt­e Rose das Experiment mit Weibchen. Und sie fand – nichts, nichts im Verhalten, nichts in der Morphologi­e und den molekulare­n Details des Gehirns (Brain, Behavior and Immunity 11. 8.): „ I am a women, let me soar“, wählte Rosi zunächst als Titel für die Publikatio­n – „soar“heißt: in die Höhe steigen –, später änderte sie dahin, dass „weibliche Mäuse geschützt“sind.

Wodurch? Das ist unklar, aber Rosi hat seit Längerem schon Kandidaten: Mikroglia, das sind Immunzelle­n des Gehirns, sie kommen entweder als „rastende“oder als „aktive“. Bei Männern überwiegen die aktiven, und unter dem Einfluss von Strahlung werden sie noch aktiver, in der Folge werden im Hippocampu­s – dem Lernzentru­m des Gehirns – Synapsen zwischen Zellen abgebaut, Rezeptoren für Neurotrans­mitter auch. Aber nur bei Männern.

Heißt das, das man nur Astronauti­nnen auf gefährlich­e Wege schicken darf? Nicht unbedingt, Rosi forscht auch an Medikament­en, die die Überaktivi­tät der männlichen Mikroglia dämpfen sollen (Scientific Reports 18. 5.). Auch dafür hat sie Kandidaten.

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