Sterneköchin Klugmann: „Ich will nichts verschwenden“
Küche. Die italienische Köchin Antonia Klugmann (38), zu Gast in Alpbach, kam erst über Umwege in die Küche. Und ein Unglück änderte dann einiges.
Es war ein Autounfall, der Antonia Klugmann dazu brachte, eigenes Gemüse und Kräuter anzupflanzen. Mehrere Monate konnte die Köchin damals nicht in der Küche arbeiten, stattdessen begann sie nach und nach, ihren kleinen Küchengarten zu nutzen, durch die Wälder zu spazieren, sich mit Botanik zu befassen.
„Das war ein seltsames Jahr für mich“, sagt die 38-jährige Triesterin über die Zeit der Gesundung vor zwölf Jahren. „Aber es war gleichzeitig auch eines, das mich total transformiert hat.“Klugmann, die heute, Mittwoch, im Rahmen der „Begegnungen“beim Forum Alpbach mit dem designierten Burgtheaterchef, Martin Kusej,ˇ diskutiert, gilt als eine der aufstrebenden Köchinnen der norditalienischen Kochszene. Für ihre völlig neuen Kombinationen – sie interpretiert keine klassischen Gerichte – ist sie früh mit einem Michelinstern ausgezeichnet worden. Viele Zutaten stammen aus dem Garten, einem zentralen Element ihres Restaurants L’Argine a Venco` im Friaul. So wie bei ihrem aktuellen Signature Dish, einem Gericht, das ausschließlich aus Samen besteht.
„Wenn man seine eigenen Zutaten produziert, macht einen das natürlich viel sensibler für alles“, sagt die Köchin. Das Erhalten der Sorten, die Auswahl des Saatguts, die biologische Produktion. Und natürlich die Frage der Essensverschwendung. „Für mich ist das wirklich ein wichtiges Thema. Und im Lauf der Jahre habe ich bemerkt, dass mich das – Lebensmittel haltbar zu machen, nichts von dem, was ich in der Küche habe, zu verschwenden – wirklich antreibt, kreativ zu sein.“
Der Weg in eine Küche war für Klugmann – der Name kommt von ihren jüdischen Vorfahren, die einst aus Polen nach Italien emigriert sind – freilich alles andere als vorgezeichnet. Als Tochter einer Ärztefamilie ging es zunächst an die Universität, an der sie Jus studierte. „In meiner Familie ist es normal, auf die Universität zu gehen und einen seriösen Job zu haben“, sagt sie und lacht, während sie erzählt. „Köchin war vielleicht, zumindest damals, nicht so eine besondere Sache.“Sie habe dann allerdings angefangen, nebenbei zu Hause viel zu kochen, für ihren Freund, ihre Freunde. „Und nach drei Jahren habe ich mehr gekocht als mich mit Jus befasst.“Sie begann als Tellerwäscherin in einer Küche. Und sie eröffnete mit 26 Jahren, nach vier, fünf Jahren in Spitzenrestaurants und nach ihrem Unfall, ihr erstes eigenes Restaurant. „Ich habe es nie bereut“, sagt sie. „Mein Glück war, dass ich von Anfang an wusste, dass ich Küchenchefin werden wollte. Interessiert hat mich immer der kreative Aspekt.“
Vor knapp vier Jahren eröffnete Klugmann dann ihr aktuelles Restaurant, in Dolegna del Collio, einem kleinen Ort an der slowenischen Grenze. „Das Gefühl, am Ende von etwas und am Anfang von etwas anderem zu sein, ist interessant“, sagt sie. Nur eine gute halbe Stunde entfernt: „Hisaˇ Franko“, das Restaurant von Ana Ros,ˇ der besten Köchin der Welt, die eigentlich an diesem Tag nach Tirol hätte kommen sollen. „Wir gehen am freien Tag in die gleiche Pizzeria, manche meiner Mitarbeiter waren früher bei ihr“, sagt sie. Dominique Crenn und Anne-Sophie Pic seien sonst Köchinnen, die sie bewundere. Auch Rene´ Redzepi, der die nordische Küche groß machte, sei eine Inspiration. Und in Italien natürlich Massimo Bottura, dessen Osteria Francescana unlängst wieder zum besten Restaurant der Welt gekürt wurde, der inzwischen mehrere Refettorios eröffnet hat, Lokale für Bedürftige, und der sich dem Kampf gegen Lebensmittelverschwendung verschrieben hat. „Was er da macht, ist fantastisch.“
„Köchen wird mehr und mehr bewusst, dass sie die Gesellschaft rundherum ein wenig verändern können“, sagt Klugmann. „Und das ist auch eine Art, zu wachsen und unserer Kreativität neue Räume zu geben.“
(38) gehört zu den Shootingstars der norditalienischen Küche. Seit 2014 betreibt sie in Dolegna del Collio, unweit von Slowenien, ihr Restaurant L’Argine a Venc`o, das seit dem ersten Jahr einen Michelinstern hat. Die gebürtige Triesterin mit jüdisch-polnischen Wurzeln setzt auf frische Produkte, viele davon aus dem eigenen Garten. Heute, Mittwoch, hat sie im Rahmen der „Begegnungen“beim Forum Alpbach einen Auftritt mit Martin Kusej.