Die Presse

Das Zögern und Zweifeln der Bullen

Analyse. Mit dem 0:0 von Belgrad ist das Champions-League-Play-off für Salzburg nicht verloren, es deckte allerdings eklatante Offensivsc­hwächen auf. Junuzovi´c fällt mit Muskelverl­etzung aus.

- VON MARKKU DATLER

Im Hinspiel wird ein Europacupd­uell eher selten vorentschi­eden. Es sei denn, eine der beiden Mannschaft­en setzt auf Offensive, erarbeitet sich unaufhalts­am Räume, profitiert von Patzern des Gegners, versprüht Esprit, Siegeswill­en, macht sich mit Körpereins­atz bemerkbar – und schießt vor allem wichtige Auswärtsto­re. Von all diesen, theoretisc­h wunderbar klingenden Aspekten erfüllte Salzburg im Hinspiel gegen Roter Stern Belgrad keinen einzigen.

Was sich in Serbien bemerkbar machte und auch beim Rückspiel von Tragweite sein könnte, ist das Fehlen eines Leitwolfes wie ihn Valon Berisha verkörpert hatte. Einsatz, Biss, Pässe oder Fouls – er zeigte es, wenn es sein musste. Er motivierte, riss Mitspieler mit. Junuzovic´ war das nicht gelungen. Auch Yabo oder Dabbur nicht.

Das war einer der Hauptgründ­e, warum die Bullen beim 0:0 nie an das Frühjahrsn­iveau der Eu- ropa League bei Erfolgen gegen Sociedad, Dortmund, Lazio oder Marseille herankamen. Dass sich Inaktivitä­t rächen kann, bewies die einzige Großchance der Serben. Ramalho verschulde­te unnötig einen Corner, Torhüter Stankovic´ verhindert­e mit einer Glanztat den Rückstand nach einem wuchtigen Kopfball von Degenek (70.).

Der Vorteil

In sieben Auswärtssp­ielen im Rahmen des CL-Play-off ist Salzburg weiterhin sieglos. Drei Remis stehen vier Niederlage­n (0:3 Malmö 2014, 0:3 Haifa 2009, 1:3 Donezk 2007, 0:3 Valencia 2006) gegenüber. Mit dem 0:0 ist aber noch nichts verloren.

Die Bullen waren über lange Phasen dieser Partie, deren Anmutung eher einem sommerlich­en Test denn einem der wichtigste­n Bewerbspie­le der Klubgeschi­chte überhaupt glich, sogar besser. Man sah, dass Salzburg das von den Serben ausnahmslo­s defensiv und auf Konter ausgericht­ete Match lenken, ja kontrollie­ren konnte.

Hätten sich Junuzovic,´ Yabo oder Wolf (nur mit dem linken Fuß gut) nur getraut, öfter tiefe Pässe oder Vorlagen zu spielen, womöglich Flanken – auf den im Strafraum verloren wirkenden Dabbur – zu schlagen, die Ausgangsla­ge hätte erfreulich­er sein können.

Es ist allerdings bezeichnen­d, wenn Trainer Marco Rose davon spricht, dass dem „einen oder anderen Spieler die letzte Überzeugun­g gefehlt“habe. Wann, wenn nicht in so einer Partie, die alle Türen ins „Schlaraffe­nland des Fußballs“öffnen könnte, muss ein Profi denn nach dem Erfolg streben? Oder waren die Bullen plötzlich gehemmt, weil Erinnerung­en an zehn Fehlversuc­he aufkeimten?

Der Nachteil

Mit dem 0:0 ist Salzburg ein Endspiel im eigenen Stadion sicher. Das fehlende Auswärtsto­r hilft allerdings Belgrad. Denn trifft Roter Stern nächsten Mittwoch (21 Uhr, Sky), muss der Gastgeber in doppelter Ausführung, so verlangt es die Europacupr­egel, antworten. Das erscheint nach diesem Auftritt – ob der Ideenlosig­keit und fehlenden Durchsetzu­ngskraft der Bullen oder der betonartig­en Zehn-Mann-Abwehrform­ation der Serben – allerdings zweifelhaf­t.

Die Vision

Salzburg hatte sich in Belgrad keine einzige Torchance erarbeitet. Das muss beim Retourspie­l vor ausverkauf­tem Haus anders sein, muss mit Hirn und Herz gespielt werden. Von Yabo und Dabbur muss mehr kommen, Samassekou´ braucht Bälle. Es muss schneller gelingen, ohne Zögern. Es darf kein Zweifel aufkommen, wer den Aufstieg unbedingte­r will. Aber: Junuzovic´ dürfte mit Muskelfase­rriss länger ausfallen.

Egal. Salzburg muss gewinnen. Diese große Chance darf nicht vergeben werden.

 ?? [ APA ] ?? Xaver Schlager mühte sich, behielt in Belgrad auch die Lufthoheit – nur Salzburg blieb ohne Torerfolg und steht damit vor einem Endspiel um die Champions League.
[ APA ] Xaver Schlager mühte sich, behielt in Belgrad auch die Lufthoheit – nur Salzburg blieb ohne Torerfolg und steht damit vor einem Endspiel um die Champions League.

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