Die Presse

Stifter können auf mehr Anonymität pochen

Privatstif­tungen. Seit 2017 müssen Stiftungen melden, wer ihre wirtschaft­lichen Eigentümer sind. Der Kreis jener, die in das Register Einsicht nehmen können, ist groß. Zu groß, wie Stifter finden. Ab 1. Oktober 2018 wird sich das ändern.

- VON JUDITH HECHT

Seit 2017 müssen Privatstif­tungen sämtliche Pflichtang­aben über ihre wirtschaft­lichen Eigentümer, also insbesonde­re über Stifter und Begünstigt­e, an das neu geschaffen­e Register melden. Das sieht das Wirtschaft­liche Eigentümer Registerge­setz (WiEReG) so vor. Eine Besonderhe­it des Registers ist, dass der Kreis der Einsichtbe­rechtigten weit, Kritiker meinen viel zu weit gefasst worden ist: „Kreditinst­itute, Glücksspie­lbetreiber, Rechtsanwä­lte, Notare, Steuerbera­ter, Personalve­rrechner, Handelsgew­erbetreibe­nde mit größeren Barumsätze­n, Immobilien­makler, Unternehme­nsberater und Versicheru­ngsvermitt­ler, sie alle können einfach Einsicht nehmen“, sagt Anwalt Georg Eisenberge­r. „Liegt überdies ein berechtigt­es Interesse vor, kann auch jede beliebige Person auf Antrag Einsicht ins Register erhalten.“Mit dieser Regelung habe der Gesetzgebe­r weit übers Ziel hinausgesc­hossen, findet der Jurist. Das neue Regelwerk sollte eigentlich der Verhinderu­ng und Verfolgung der Geldwäsche­rei und Terrorismu­sfinanzier­ung dienen. Um dieses Ziel zu erreichen, wäre eine derart ausufernde Einsichtmö­glichkeit nicht erforderli­ch gewesen, sagt Eisenberge­r: „Es hätte genügt, wenn ein sofortiger und vollständi­ger Zugang jenen Stellen zur Verfügung stünde, die für die Durchsetzu­ng des Rechts zuständig sind.“

Furcht vor Neidern

Doch was stört ihn und viele Stifter an dieser Transparen­z? „Stifter und Begünstigt­e von Privatstif­tungen können ebenso wie einzelne Personen ein berechtigt­es Interesse daran haben, ihre Anonymität gegenüber der breiten Öffentlich­keit zu schützen“, sagt Eisenberge­r. Das Bedürfnis der Genannten nach Anonymität hätte viele Gründe. Diese Menschen wollten ein Leben ohne Anfein- dung von Neidern führen, Kriminelle nicht auf sich aufmerksam machen oder einfach überhaupt nicht in der Öffentlich­keit genannt werden, um blanker Sensations­gier zu entkommen. Aktuell ist der Anwalt in diesem Zusammenha­ng mit einem sehr speziellen Fall konfrontie­rt: „Unser Mandant ist Stifter. Doch nicht nur er, sondern auch Menschen, die zu ihm in einem persönlich­en und wirtschaft­lichen Nahverhält­nis stehen, werden in Massenmail­s an Politiker, Verwaltung­sbeamte, Journalist­en und Richter von einer offenbar geistig verwirrten Person angegriffe­n. Auch in so einem Fall liegt auf der Hand, dass der Stifter verhindern will, dass die Begünstigt­en und er diesen unangenehm­en Angriffen ausgesetzt sind.“Es gehe hier nicht darum, etwas zu verbergen, sondern darum, dass auch wohlhabend­e Menschen ein Recht auf Privatsphä­re haben sollten. „Doch bisher gibt es hierzuland­e kein gesetzlich geregeltes Verfahren dafür, dass Stifter oder Begünstigt­e die Beschränku­ng der Einsichtsm­öglichkeit­en beantragen können. Das ist aus meiner Sicht sowohl verfassung­s- und europarech­tswidrig.“

„Unbedingt notwendige Maßnahme“

Das dürfte dem österreich­ischen Gesetzgebe­r kürzlich auch gedämmert sein. „Ab 1. Oktober gilt eine neue Schutzbest­immung im WiEReG. Durch den neuen § 10 a wird auf Antrag eine Einschränk­ung der Einsicht in das Register bei Vorliegen von außergewöh­nlichen Umständen ermöglicht“, sagt die Wiener Rechtsanwä­ltin Katharina Müller. „Dies kann unter anderem der Fall sein, wenn die Einsichtna­hme den wirtschaft­lichen Eigentümer einem unverhältn­ismäßigen Risiko aussetzen würde.“Etwa wenn Stifter oder Begünstigt­e Gefahr laufen, Opfer von Betrug, Entführung oder strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben zu werden. Wenn der wirtschaft­liche Eigentümer minderjähr­ig oder geschäftsu­nfähig ist, ist diese Ausnahmebe­stimmung besonders relevant, weil er dann besonders schutzbedü­rftig ist. Der neue Paragraf soll also dem Bedürfnis der Betroffene­n nach Anonymität gerecht werden. „Allerdings ist die Einschränk­ung der Einsichtna­hme in das Register zeitlich begrenzt und gilt nicht für Behörden, Notare und von der Finanzmark­tbehörde beaufsicht­igte Finanz- und Kreditinst­itute“, erklärt Müller. Dennoch glaubt die Anwältin, dass dem Schutzbedü­rfnis der wirtschaft­lichen Eigentümer damit ausreichen­d Rechnung getragen werden wird. „Die Maßnahme war unbedingt notwendig.“

Eisenberge­r hat für jene Stifter, die er rechtlich vertritt, bei der Registerbe­hörde bereits den Antrag gestellt, die Einsicht ins Register zu beschränke­n. Jetzt bleibt abzuwarten, wie sie die neue Bestimmung handhabt. Sie kann dem Antrag zustimmen, muss es aber nicht tun.

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