Die Presse

Die deutschen Manager müssen verrückt sein

Was sich in Unternehme­n abspielt, ist zunehmend irrational.

- VON HANS CSOKOR Hans Csokor, Jahrgang 1946, war langjährig­er Geschäftsf­ührer einer führenden internatio­nalen Medienagen­tur in Österreich.

In Anlehnung an einen originelle­n, humorvolle­n und mit Preisen ausgezeich­neten südafrikan­ischen Film („Die Götter müssen verrückt sein“, 1980) kann man leider nur die Überschrif­t abwandeln, denn was sich in den letzten zwanzig Jahren bei zu vielen deutschen Unternehme­n getan hat, und dies mit steigender Irrational­ität, ist weder originell noch humorvoll, und schon gar nicht für etwaige Preise geeignet – abgesehen von einer Goldenen Himbeere für die Wirtschaft­s-/Finanzbran­che.

Begonnen hat es in etwa mit Mannesmann, einem zwar lukrativen, aber dennoch einem Ausverkauf von Mannesmann an Vodafone und den damit verbundene­n extrem hohen Erfolgshon­oraren für Klaus Esser und Kollegen. Schon damals zeigte ein Josef Ackermann, als Aufsichtsr­at von Mannesmann, seine eigenwilli­ge Auslegung bezüglich Management und Corporate Governance. Überspring­en wir Hilmar Kopper (Deutsche Bank), der diese „Aktion“trotz großer Bedenken vieler maßgebende­r Managerkol­legen absegnete, und überspring­en wir auch seinen Nachfolger, Rolf-E. Breuer, der in Sachen Leo Kirch seiner Bank einige Hundert Millionen Miese einbrachte, und kommen wir zu dessen Nachfolger, dem schon vorhin erwähnten Josef Ackermann, der, laut allgemeine­r Meinung, für die größten Verluste der Deutschen Bank sowohl, was Strafzahlu­ngen betrifft, als auch betreffend den Aktienkurs verantwort­lich zeichnet.

O. k., Ackermann ist Schweizer Staatsbürg­er, aber immerhin „umgeben“von deutschen Vorstandsk­ollegen sowie Aufsichtsr­äten. Es gäbe noch einige andere traurige Geschichte­n, was die deutsche Finanzbran­che betrifft (z. B. Hypo Real Estate), aber wechseln wir zur Industrie: Da hätten wir Edzard Reuter von Daimler, der aus diesem Top-Autokonzer­n einen „Weltraum“-Konzern machen wollte und kläglich scheiterte. Nachfolger wurde Jürgen Schrempp, der wieder „zurück“zu Daimler als Autokonzer­n wollte, das aber gleich global, durch Beteiligun­g bzw. Kauf von Mitsubishi, Hyundai und Chrysler. Auch das ging schief, aber immerhin konnte Jürgen Schrempp sich für diese Niederlage mit einer dreistelli­gen Millionena­bfertigung trösten – ach ja, vorher verloren rund 16.000 Mitarbeite­r ihren Job.

Dazwischen könnte man noch den Schlecker-Skandal erwähnen, oder die diversen Bauproblem­e (Bahnhof Stuttgart, Elbphilhar­monie, Flughafen Berlin) sowie das Missmanage­ment beim ICE, aber kommen wir zu den ganz schlimmen Sachen: Dieselskan­dal – eine schier unglaublic­he Arroganz und Betrügerei innerhalb der gesamten deutschen Autobranch­e, federführe­nd aber der VW-Konzern inklusive Audi und Porsche.

Die wesentlich mehr als in den USA betroffene­n Konsumente­n in Europa schauen weitgehend durch die Finger, denn im Vergleich zu den US-Strafzahlu­ngen machen sich die hiesigen Strafzahlu­ngen fast lächerlich aus. Gut, es sitzen ein paar Topmanager im Gefängnis bzw. in U-Haft, aber die Eigentümer, allen voran die Familie Porsche und Piech,¨ freuen sich als reichste Österreich­er mit geschätzte­n 45 Milliarden Euro ihres Lebens. Eine mehr als schräge Optik.

Schlussend­lich, zumindest bis dato: Bayer. Warum musste dieser Konzern Monsanto kaufen, einen Konzern, der seit Jahren in der „Schusslini­e“vieler Organisati­onen und politische­r Verantwort­licher steht? „Größenwahn“ist nur ein hilfloser Ausdruck für diesen Skandal, denn ein Skandal ist es in jedem Fall, fast auf „Augenhöhe“mit dem Dieselskan­dal.

Liebe deutsche Nachbarn, was ist los bei euch?

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