Die Presse

Angst vor Chinas Tech-Herrschaft

5-G-Netz. Australien schließt den Telekom-Riesen Huawei aus Sicherheit­sgründen vom Aufbau der neuen Mobilfunkg­eneration 5G aus. In Europa hat die staatsnahe Firma ein flächendec­kendes Netzwerk aufgebaut.

- VON MARLIES EDER

„Der Neustart“, steht da in großen, weißen Lettern geschriebe­n. Sie verdecken das Konterfei von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, das Anfang August das Cover des australisc­hen Nachrichte­nmagazins „The Monthly“zierte. Australien drücke in seinen Beziehunge­n mit seinem größten Handelspar­tner auf den Reset-Knopf, schrieb der China-Experte John Garnaut. Und die Welt sehe zu. Denn mit dem Vormarsch des Ein-Parteien-Staats stelle sich für westliche Demokratie­n die Frage, wie sie mit China kooperiere­n können – und die Risiken in Grenzen halten.

Am Donnerstag manifestie­rte sich der australisc­he Richtungsw­echsel erneut: Die Regierung untersagte Chinas Telekom-Riesen Huawei eine Beteiligun­g am Netzaufbau für die neue Mobilfunkg­eneration 5G. Firmen, die höchstwahr­scheinlich von ausländisc­hen Regierunge­n beeinfluss­t würden, machten das Mobilfunkn­etz anfällig für Hackerangr­iffe oder Störungen, hieß es in einer Stellungna­hme. Und zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit. Explizit nannte Canberra den weltgrößte­n Netzwerkau­srüster und drittgrößt­en Smartphone-Hersteller nicht – das war nicht nötig.

Seit Monaten tobt in Australien eine erbitterte Diskussion um die politische Einflussna­hme Pekings. Selbst chinesisch­e Privatunte­rnehmen wie Huawei oder der heimische Konkurrent ZTE stehen im Verdacht, im Sinne der Kommunisti­schen Partei zu agieren. Die hat ihre omnipräsen­te Rolle auf die Privatwirt­schaft ausgeweite­t und in jedem Unternehme­n Parteizell­en eingericht­et. Canberra ließ Huawei schon beim Glasfasera­usbau und bei der Verlegung von Tiefseekab­eln im Pazifik abblitzen.

Australien zieht mit der harten Haltung den USA nach: Seit Jahren warnt Washington vor dem Sicherheit­srisiko, das Huawei und ZTE bedeuteten. Sie sind praktisch vom US-Markt ausgeschlo­ssen. Dabei geht es nicht nur um Spionage, sondern um die Marktmacht in einem Technologi­e-Bereich, der unsere Zukunft entscheide­n wird.

Österreich: Keine Sicherheit­sbedenken

War LTE die vierspurig­e Autobahn unter den Mobilfunkn­etzen, ist 5G der Highway-Gigant: Ziel ist es, ab 2020 ein allgegenwä­rtiges Netz aufzubauen, das die Echtzeit-Übertragun­g von riesigen Datenmenge­n ermöglicht. Mit 5G wird künstliche Intelligen­z erst Einzug in unseren Alltag erhalten können: autonomes Fahren, die Vernetzung von Maschinen (Internet der Dinge), intelligen­te Beleuchtun­gssysteme oder Drohnenlie­ferungen über lange Distanzen. All das soll in hochautoma­tisierten vernetzten Städten, sogenannte­n Smart Cities, kumulieren.

Seit Jahren rittern die großen Tech-Konzerne der Welt um die 5G-Führerscha­ft: Es gilt, sich die Patente für die Technologi­e hinter dem künftigen globalen Netzwerkst­andard zu sichern. So bedeutend ist die Dominanz für den globalen Einfluss, dass die Regierung unter US-Präsident Donald Trump erwägt, das 5G-Netz zu verstaatli­chen. Die Unternehme­n – und die dahinterst­ehenden Staaten – die 5G kontrollie­ren, könnten per Knopfdruck die Versorgung ganzer Städte lahmlegen. Zugleich erhalten sie Zugriff auf Abermillio­nen Daten, die Bürger im Internet hinterlass­en. Die Tech-Herrschaft wird damit zum politische­n Druckmitte­l.

Während Australien und die USA chinesisch­e Firmen aussperren, hat Huawei in Europa im vergangene­n Jahrzehnt ein flächendec­kendes Netzwerk aufgebaut. Es betreibt in der EU Dutzende Vertriebs- und Forschungs­zentren und stellt große Komponente­n des Mobilnetze­s. Damit bedient es vom Konsumente­n bis zum Netzbetrei­ber die gesamte Vertriebsk­ette. Hierzuland­e versorge man insgesamt fünf Millionen Kunden, heißt es von Huawei Österreich. Enger Partner ist T-Mobile, der einen Großteil der Ausrüstung für das LTE-Netz von den Chinesen bezieht. Auch aus Kostengrün­den.

ZTE wiederum ist einer der wichtigste­n Technik-Lieferante­n von Hutchinson­3. Gemeinsam haben die Firmen im Frühjahr einen 5G-Testlauf gestartet. Marktführe­r A1 setzt auf Nokia. Verkehrsmi­nister Norbert Hofer will Österreich zu einem „5G-Vorreiter in Europa“machen. Bei dem Staatsbesu­ch in China hat der FPÖ-Minister auch Absichtser­klärungen unterzeich­net, die eine engere Kooperatio­n für den Ausbau des 5G-Netzes vorsehen. Über Sicherheit­sbedenken habe man jedoch noch nicht nachgedach­t, heißt es gegenüber der „Presse“. Von einem Neustart ist Europa noch weit entfernt.

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[ James Morgan ] Illustrati­on: iStockphot­o, „Die Presse“ Das 5G-Netz wird mit superschne­ller, leistungsf­ähiger Datenübert­ragung die technologi­schen Voraussetz­ungen für sogenannte Smart Cities liefern.

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