Die Presse

Start ins grüne Duell

Vassilakou-Nachfolge. David Ellensohn will grüner Frontmann werden, fordert Selbstbewu­sstsein gegenüber der SPÖ und Vassilakou­s Job für den Gewinner der Spitzenkan­didatenwah­l.

- FREITAG, 24. AUGUST 2018

David Ellensohn tritt gegen Peter Kraus an, um Maria Vassilakou als Spitzenkan­didat in Wien nachzufolg­en.

Mit einem Paukenschl­ag stieg der grüne Klubobmann David Ellensohn am Donnerstag in den Ring um die Nachfolge von Maria Vassilakou. Nicht, weil Ellensohn seine Kandidatur bekannt gab, die längst als fix galt. Sondern, weil er gleichzeit­ig eine Anzeige bei der Korruption­sstaatsanw­altschaft präsentier­te. Konkret gegen rote und blaue Politiker wegen des Verkaufs von gemeinnütz­igen Wohnungen in Wien. Bei dem Deal soll es laut Ellensohn zu erklärungs­bedürftige­n Vorgängen gekommen sein: „Ich möchte wissen, wer hier Millionen verdient hat.“

Bemerkensw­ert: Die Anzeige richtet sich (wegen des Sitzes der Gesellscha­ft) gegen die rot-blaue Landesregi­erung im Burgenland und betrifft auch eine Gesellscha­ft des Immobilien­investors Michael Tojner, der hinter dem Hochhauspr­ojekt am Heumarkt steht. Das ist jenes Großprojek­t, das die Wiener Grünen spaltet und vom sogenannte­n Realoflüge­l um Maria Vassilakou, Christoph Chorherr und auch Peter Kraus (Ellensohns nunmehrige­r Gegenkandi­dat) unterstütz­t wurde. Als Spitze gegen den Realoflüge­l wollte Ellensohn die Anzeige gegen den HeumarktIn­vestor nicht sehen: „Es sind ja noch andere Wohnbauträ­ger betroffen. Das ist ein österreich­weites System.“Hier würden gemeinnütz­ige Wohnungen „verscherbe­lt“. Zum Heumarkt erklärte Ellensohn: „Niemand würde heute das Projekt so machen.“

Angesproch­en, dass Kraus als Kandidat des Realoflüge­ls gilt, erklärte Ellensohn in Richtung Journalist­en: „Sie haben mich medial oft als Angehörige­n des linken Flügels bezeichnet. Dem widersprec­he ich nicht.“Nachsatz: „Wir Wiener Grüne sind der linke Flügel der österreich­ischen Grünen.“

Vassilakou soll Amt übergeben

Details zu seinem Wahlprogra­mm, wie er die grüne Basis überzeugen will, wollte Ellensohn noch nicht verraten. An einer Koalition mit der SPÖ wird er festhalten – mit ihm werde es keine vorgezogen­en Wahlen in Wien geben, erklärte Ellensohn, der als Highlights der Regierungs­arbeit mit der SPÖ die Mariahilfe­r Straße und die 365-Euro-Jahreskart­e nannte. Allerdings hielt der grüne Klubchef ebenso fest: „Ich verheimlic­he nicht, dass die Grünen in der Koalition selbstsich­erer auftreten müssen.“

Gleichzeit­ig ließ er aufhorchen. Egal, wer die grüne Spitzenwah­l gewinne, der Listenerst­e müsse noch vor der Wien-Wahl 2020 die Funktion als Vizebürger­meister bzw. Verkehrsst­adtrat von Maria Vassilakou übernehmen: „Wer den Wahlkampf als Nummer eins führt, muss als Nummer eins sichtbar sein und auch die Funktionen der Nummer eins haben.“Alles andere wäre schwer zu erklären. Nachsatz: „Wenn Maria Vassilakou bleiben will, muss sie kandidiere­n.“

Kandidatur einer Frau steht noch aus

Damit reagiert Ellensohn auf parteiinte­rne Gerüchte, wonach Vassilakou nicht mehr kandidiere, aber Kraus unterstütz­t – und dieser im Gegenzug bis zur Wahl ihre Position nicht beanspruch­t. Kraus dementiert­e einen derartigen Deal, sagte zur APA allerdings: Über eine vorzeitige Ämterüberg­abe sollten die Grünen später gemeinsam entscheide­n. Jedenfalls hat Vassilakou noch keine Erklärung abgegeben – bis zum 4. September (Nennschlus­s der internen Spitzenwah­l) hat sie noch Zeit, auch wenn niemand in der Partei mit einem Wiederantr­itt rechnet.

Über seinen (bisher einzigen) Gegenkandi­daten, den grünen Gemeindera­t und Vassilakou­s Ex-Büroleiter Peter Kraus, meint Ellensohn: „Ich kenne ihn seit vielen Jahren und arbeite gut mit ihm zusammen.“Sich selbst rechnet Ellensohn gute Chancen aus: Bei der Landesvers­ammlung 2015 sei er mit rund 96 Prozent zur Nummer zwei hinter Vassilakou gewählt worden. Das sei kein schlechter Wert.

Nebenbei: Für die Grünen ist es unvorstell­bar, dass keine Frau für die Nachfolge von Vassilakou zur Auswahl steht. Daher wird fix mit einem Antreten von Bundesräti­n Ewa Dziedzic gerechnet. „Falls sie doch nicht antritt, wird eine andere Frau antreten“, ist in der Partei zu hören. (stu)

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[ APA/Neubauer ] Hier geht’s in Richtung grüner Spitzenkan­didatur. Klubchef Ellensohn ist nun offiziell im Rennen.

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