Die Presse

Australien­s Premiermin­ister bangt um sein Amt

Regierungs­krise. Der Widerstand gegen Premier Turnbull in der eigenen, liberal-konservati­ven Partei wächst. Ex-Innenminis­ter Peter Dutton und Schatzmeis­ter Scott Morrison sind als Nachfolger im Gespräch.

- Von unserer Korrespond­entin BARBARA BARKHAUSEN

Australien­s Regierung steckt in einer schweren Krise. Nachdem ein Großteil des Kabinetts in den vergangene­n Tagen zurückgetr­eten ist, wurden alle Parlaments­sitzungen bis zum 10. September verschoben. In dieser Zeit – so hoffen die Abgeordnet­en – klären die Liberal-Konservati­ven, die derzeit die Regierung stellen, wer sie anführt.

Zunächst hatte es noch so ausgesehen, als würde Premiermin­ister Malcolm Turnbull die Krise überstehen. Am Dienstag war er siegreich aus einer Kampfabsti­mmung hervorgega­ngen. Doch zwei Tage später eskalierte die Regierungs­krise. Turnbull machte seinen Parteikoll­egen in einer Rede am Donnerstag schwere Vorwürfe und sprach von Mobbing und Einschücht­erung.

Die Krise wurde durch Unstimmigk­eiten in der Energiepol­itik und konstant schlechte Umfragewer­te des Regierungs­chefs ausgelöst. Seit 2007 hat es kein australisc­her Premier mehr geschafft, die komplette dreijährig­e Amtszeit zu regieren.

Sollte es zu einer weiteren Kampfabsti­mmung um die Parteispit­ze kommen, will Turnbull selbst nicht noch einmal antreten.

Derzeit werden zwei Politiker als Nachfolger gehandelt: Peter Dutton, der den Premier bereits am Dienstag herausgefo­rdert hatte, und Scott Morrison. Dutton war bisher Innenminis­ter und auch für Einwanderu­ng zuständig. Er gilt als Rechts-außenStimm­e in der liberal-nationalen Regierungs­koalition. Der ehemalige Polizist pocht in Reden auf sichere Grenzen und traditione­lle australisc­he Werte. Flüchtling­e beschimpft­e er einst als Analphabet­en, die Australier­n Jobs stehlen und es sich auf Kosten Australien­s gut gehen lassen würden. Er war für die australisc­hen Flüchtling­slager auf den pazifische­n Inseln verantwort­lich, in denen sich chaotische Szenen abspielen. Mehrere der dort interniert­en Kinder sind laut Medienberi­chten schwer krank. 2008 boykottier­te er Australien­s Entschuldi­gung bei den Ureinwohne­rn, sagte später aber, dass er das bereue. Dutton ist selbst innerhalb seiner Partei umstritten.

Ein möglicher Kompromiss­kandidat

Auch Scott Morrison, zuletzt Schatzmeis­ter, ist vor allem aus seiner Zeit als Einwanderu­ngsministe­r internatio­nal bekannt. Auch er hatte damals harte Maßnahmen gegen Flüchtling­e zu verantwort­en. Zugleich gilt er als umgänglich­er als Dutton. Seine Taktik und sein Manövriere­n würden ihn zum „Kompromiss­kandidaten“machen, hatte ein politische­r Kommentato­r bereits 2015 über ihn geschriebe­n.

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[ Reuters ] Premier Malcolm Turnbull unter Druck.

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