Trump, der Pornostar und viele offene Fragen
USA. Michael Cohen, der Exanwalt des Präsidenten, beschuldigt Trump, dem Volk wahlentscheidende Informationen, nämlich die Zahlung von Schweigegeld, vorenthalten zu haben. Wie gefährlich ist das für Trump?
Am Tag nach den bisher schwerwiegendsten Anschuldigungen gegen seine Person schlug Donald Trump zurück. „In meinem Leben gab es immer Kontroversen um mich. Am Ende habe ich immer gewonnen“, erklärte der Präsident im Interview mit Fox News. Michael Cohen, der mehr als zehn Jahre für Trumps Organisation tätig war, sei „kein sehr guter Anwalt“gewesen, die nun aufgestellten Behauptungen seien völlig aus der Luft gegriffen.
1 Was genau wirft Michael Cohen seinem früheren Klienten Trump vor?
Der Anwalt behauptet, dass Trump persönlich Zahlungen an einen Pornostar und ein Playboy-Modell unmittelbar vor den Präsidentschaftswahlen 2016 in Auftrag gegeben hat. Mit beiden soll Trump Jahre zuvor Sex gehabt haben. Zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Affäre mit der Pornodarstellerin war Trumps Frau, Melania, schwanger.
Wäre die Sache aufgeflogen, hätte das den Ausgang der Wahl beeinflussen können. Die Überweisung von Schweigegeld ist in den USA nach solchen Affären nicht verboten und zum Teil sogar üblich. Allerdings dürfen dem Volk wahlentscheidende Informationen nicht vorenthalten werden. Genau das habe Trump gemacht, behauptet Cohen. Der Präsident bestreitet das. Er habe von den Überweisungen erst nach den Wahlen erfahren.
2 Was hat Russland mit der ganzen Sache zu tun?
Eigentlich nichts. Allerdings führten die Ermittlungen von Robert Mueller rund um eine russische Wahleinmischung die Behörden erst auf die Spur Cohens. Gleiches gilt für das Urteil gegen Trumps früheren Wahlkampfmanager Paul Manafort, der des Steuer- und Bankbetrugs für schuldig befunden wurde. Muellers Kalkül: Wenn Cohen oder Manafort in irgendeiner Form von einer Kooperation zwischen Trump und Moskau wissen, könnten sie diese ans Tageslicht bringen, wenn im Gegenzug ihre Haftstrafen reduziert oder aufgehoben werden.
3 Wird sich Donald Trump vor Gericht verantworten müssen?
Wohl kaum. Die Sache wurde zwar noch nie völlig ausjudiziert, doch sind sich die meisten Experten einig, dass der Präsident der Vereinigten Staaten laut Verfassung während seiner Amtszeit nicht angeklagt werden kann. Das haben die Gründungsväter so vorgesehen, mit dem Hintergedanken, dass sich das Weiße Haus um Wichtigeres als einen Strafprozess gegen den Präsidenten zu kümmern hat. Was Trump jedoch zumindest theoretisch durchaus blühen kann: entweder ein Gerichtsverfahren nach seiner Amtszeit oder die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsenthebung.
4 Wie wahrscheinlich ist es, dass Trump deshalb des Amtes enthoben wird?
Anhand der bisherigen Beweislage scheint das nahezu ausgeschlossen. Cohen gibt einerseits zu, das Gesetz zur Wahlkampffinanzierung gebrochen zu haben. Demnach hätten die Zahlungen als Wahlspende deklariert werden müssen. Das allein rechtfertigt eine Geldstrafe. Auch Barack Obamas Kampagne deklarierte nicht alle Spenden ordnungsgemäß, weshalb knapp 400.000 Dollar Strafe bezahlt werden mussten. Schwerer wiegt der Vorwurf, wonach Trump die Überweisungen in Auftrag gegeben und die Wahl bewusst beeinflusst habe. Eine Wahlbeeinflussung sieht die Verfassung als möglichen Grund für eine Amtsenthebung vor. Wenn sich Cohens Vorwürfe als wahr herausstel- len, ist die Einleitung eines Verfahrens durch das Abgeordnetenhaus möglich.
Hierfür genügt eine einfache Mehrheit. Diese wurde etwa 1998 gegen Bill Clinton wegen seiner Affäre mit Monica Lewinsky erreicht.
Allerdings: Um den Präsidenten tatsächlich aus dem Amt zu jagen, wäre im nächsten Schritt eine Zweidrittelmehrheit im Senat erforderlich. Sie wurde bei Clinton bei Weitem nicht gefunden, und die bisherigen Vorwürfe werden auch gegen Trump nicht ausreichen. Ein „Game Changer“wäre es, würde Trump eine Zusammenarbeit mit Moskau nachgewiesen werden.
5 Ist es möglich, dass sich Trump ungeschoren aus der Affäre zieht?
Ja. Cohens Geständnis sieht eine Haftstrafe von mehreren Jahren vor. Wenn der frühere Anwalt tatsächlich schwerwiegende Vorwürfe gegen Trump in der Hand hätte und den Präsidenten ausliefern wollte, hätte er den Gang ins Gefängnis vermeiden können. Das ist ein Indiz, dass Cohens Anschuldigungen entweder nicht stimmen oder sehr schwer zu beweisen sind. Freilich: Politischen Schaden könnte Trump allemal davontragen. Das wird sich spätestens bei den Kongresswahlen im November zeigen.