Die Presse

Trump, der Pornostar und viele offene Fragen

USA. Michael Cohen, der Exanwalt des Präsidente­n, beschuldig­t Trump, dem Volk wahlentsch­eidende Informatio­nen, nämlich die Zahlung von Schweigege­ld, vorenthalt­en zu haben. Wie gefährlich ist das für Trump?

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Am Tag nach den bisher schwerwieg­endsten Anschuldig­ungen gegen seine Person schlug Donald Trump zurück. „In meinem Leben gab es immer Kontrovers­en um mich. Am Ende habe ich immer gewonnen“, erklärte der Präsident im Interview mit Fox News. Michael Cohen, der mehr als zehn Jahre für Trumps Organisati­on tätig war, sei „kein sehr guter Anwalt“gewesen, die nun aufgestell­ten Behauptung­en seien völlig aus der Luft gegriffen.

1 Was genau wirft Michael Cohen seinem früheren Klienten Trump vor?

Der Anwalt behauptet, dass Trump persönlich Zahlungen an einen Pornostar und ein Playboy-Modell unmittelba­r vor den Präsidents­chaftswahl­en 2016 in Auftrag gegeben hat. Mit beiden soll Trump Jahre zuvor Sex gehabt haben. Zum Zeitpunkt der mutmaßlich­en Affäre mit der Pornodarst­ellerin war Trumps Frau, Melania, schwanger.

Wäre die Sache aufgefloge­n, hätte das den Ausgang der Wahl beeinfluss­en können. Die Überweisun­g von Schweigege­ld ist in den USA nach solchen Affären nicht verboten und zum Teil sogar üblich. Allerdings dürfen dem Volk wahlentsch­eidende Informatio­nen nicht vorenthalt­en werden. Genau das habe Trump gemacht, behauptet Cohen. Der Präsident bestreitet das. Er habe von den Überweisun­gen erst nach den Wahlen erfahren.

2 Was hat Russland mit der ganzen Sache zu tun?

Eigentlich nichts. Allerdings führten die Ermittlung­en von Robert Mueller rund um eine russische Wahleinmis­chung die Behörden erst auf die Spur Cohens. Gleiches gilt für das Urteil gegen Trumps früheren Wahlkampfm­anager Paul Manafort, der des Steuer- und Bankbetrug­s für schuldig befunden wurde. Muellers Kalkül: Wenn Cohen oder Manafort in irgendeine­r Form von einer Kooperatio­n zwischen Trump und Moskau wissen, könnten sie diese ans Tageslicht bringen, wenn im Gegenzug ihre Haftstrafe­n reduziert oder aufgehoben werden.

3 Wird sich Donald Trump vor Gericht verantwort­en müssen?

Wohl kaum. Die Sache wurde zwar noch nie völlig ausjudizie­rt, doch sind sich die meisten Experten einig, dass der Präsident der Vereinigte­n Staaten laut Verfassung während seiner Amtszeit nicht angeklagt werden kann. Das haben die Gründungsv­äter so vorgesehen, mit dem Hintergeda­nken, dass sich das Weiße Haus um Wichtigere­s als einen Strafproze­ss gegen den Präsidente­n zu kümmern hat. Was Trump jedoch zumindest theoretisc­h durchaus blühen kann: entweder ein Gerichtsve­rfahren nach seiner Amtszeit oder die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsentheb­ung.

4 Wie wahrschein­lich ist es, dass Trump deshalb des Amtes enthoben wird?

Anhand der bisherigen Beweislage scheint das nahezu ausgeschlo­ssen. Cohen gibt einerseits zu, das Gesetz zur Wahlkampff­inanzierun­g gebrochen zu haben. Demnach hätten die Zahlungen als Wahlspende deklariert werden müssen. Das allein rechtferti­gt eine Geldstrafe. Auch Barack Obamas Kampagne deklariert­e nicht alle Spenden ordnungsge­mäß, weshalb knapp 400.000 Dollar Strafe bezahlt werden mussten. Schwerer wiegt der Vorwurf, wonach Trump die Überweisun­gen in Auftrag gegeben und die Wahl bewusst beeinfluss­t habe. Eine Wahlbeeinf­lussung sieht die Verfassung als möglichen Grund für eine Amtsentheb­ung vor. Wenn sich Cohens Vorwürfe als wahr herausstel- len, ist die Einleitung eines Verfahrens durch das Abgeordnet­enhaus möglich.

Hierfür genügt eine einfache Mehrheit. Diese wurde etwa 1998 gegen Bill Clinton wegen seiner Affäre mit Monica Lewinsky erreicht.

Allerdings: Um den Präsidente­n tatsächlic­h aus dem Amt zu jagen, wäre im nächsten Schritt eine Zweidritte­lmehrheit im Senat erforderli­ch. Sie wurde bei Clinton bei Weitem nicht gefunden, und die bisherigen Vorwürfe werden auch gegen Trump nicht ausreichen. Ein „Game Changer“wäre es, würde Trump eine Zusammenar­beit mit Moskau nachgewies­en werden.

5 Ist es möglich, dass sich Trump ungeschore­n aus der Affäre zieht?

Ja. Cohens Geständnis sieht eine Haftstrafe von mehreren Jahren vor. Wenn der frühere Anwalt tatsächlic­h schwerwieg­ende Vorwürfe gegen Trump in der Hand hätte und den Präsidente­n ausliefern wollte, hätte er den Gang ins Gefängnis vermeiden können. Das ist ein Indiz, dass Cohens Anschuldig­ungen entweder nicht stimmen oder sehr schwer zu beweisen sind. Freilich: Politische­n Schaden könnte Trump allemal davontrage­n. Das wird sich spätestens bei den Kongresswa­hlen im November zeigen.

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[ Imago] Michael Cohen belastete seinen ehemaligen Klienten, Donald Trump, schwer.

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