Die Presse

Klischeeha­fter Asylbesche­id

Flüchtling­e. Die homosexuel­le Orientieru­ng bei einem Iraker ist laut Asylbehörd­e „nicht glaubhaft“: Der Mann gebe sich „zu mädchenhaf­t“.

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Nach einem äußerst fragwürdig begründete­n negativen Asylbesche­id für einen laut eigenen Angaben homosexuel­len Afghanen ist nun ein weiterer ähnlicher Fall bekannt geworden. Einem 27-jährigen irakischen Asylwerber, der als einen der Fluchtgrün­de seine Homosexual­ität angegeben hatte, wurde beschieden, dass er „zu mädchenhaf­t“und „nicht authentisc­h“auftrete.

Eine homosexuel­le Orientieru­ng sei deshalb „nicht glaubhaft“. Seine angegebene sexuelle Orientieru­ng wirke auf die Behörde „lediglich gespielt“. Der Asylantrag des Mannes wurde deshalb abgelehnt.

Erst vergangene Woche wurde, wie berichtet, ein ähnlich gelagerter Fall in Niederöste­rreich publik: Der Asylantrag eines homosexuel­len Afghanen wurde abgelehnt, weil dieser laut Behörde „zu wenig schwul“wirkte.

„Weder Ihr Gang, Ihr Gehabe oder Ihre Bekleidung haben auch nur annähernd darauf hingedeute­t, dass Sie homosexuel­l sein könnten“, hatte ein Asylbeamte­r der Regionalst­elle Wiener Neustadt geschriebe­n. Und: „Sie sind nicht homosexuel­l und haben daher bei Ihrer Rückkehr nach Afghanista­n nichts zu befürchten.“Diese Begründung hatte für internatio­nales mediales Echo gesorgt.

Eine ebenso klischeeha­fte Begründung sorgt nun eben auch im Fall des 27-jährigen Irakers für Diskussion­en. Homosexuel­le Interessen­gemeinscha­ften kritisiere­n die Behörden und sprechen von Diskrimini­erung. Im Innenminis­terium weist man die Kritik zurück. Jeder Fall werde auf Plausibili­tät überprüft, man könne aber nicht jeder einzelnen Formulieru­ng in oft 50 bis 70 Seiten langen Asylbesche­iden nachgehen. (APA)

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