Jetzt spricht Jerome Powell
Geldpolitik. Für Zentralbanker gibt es kein wichtigeres Treffen als jenes in Jackson Hole. Im Mittelpunkt steht diesmal die Rede des Fed-Chefs. Wird er die Einmischung Trumps kontern?
Das Ereignis ist für die Wirtschaftswelt so bedeutend, dass jeder Banker an der Wall Street sein letztes Hemd geben würde, um dabei sein zu dürfen. Nur per Einladung ist die strikte Regel, da kann man noch so viel Geld bieten, da kann man sich für noch so wichtig halten. Machten Banker und Analysten einst ein Viertel der Teilnehmer aus, sind es jetzt weniger als drei Prozent.
Die Rede ist vom Symposium in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming. Einmal jährlich tummeln sich hier jene Zentralbanker, die mit einem Wort Finanzmärkte nachhaltig bewegen. Hier hat Mario Draghi 2014 das gigantische Anleiheprogramm der Europäischen Zentralbank angekündigt. Hier stand alles still, als sich Ben Bernanke 2008 mit einem potenziellen Kollaps der Weltwirtschaft beschäftigen musste.
Auch diesmal, zehn Jahre nach der Finanzkrise, richten sich alle Augen auf den Chef der Federal Reserve, der bedeutendsten Notenbank. Die Ausgangslage ist fundamental anders als 2008. Die entscheidende Frage ist, wie die Fed ihren Weg aus der ultraexpansiven Geldpolitik fortsetzen kann, ohne der wachsenden Konjunktur den Wind aus den Segeln zu nehmen.
„Geldpolitik in einer sich ändernden Wirtschaft“, lautet der Titel der Rede von Jerome Powell, die für Freitagmorgen angesetzt ist. Marktteilnehmer erwarten unter anderem Hinweise darauf, ob die Fed die Zinsen heuer noch einmal oder zweimal anheben wird. Eine Erhöhung im September auf eine Spanne von zwei bis 2,25 Prozent gilt als nahezu fix, eine weitere im Dezember als gut möglich.
Man muss wissen: Das Zinsband der Fed beeinflusst gelinde gesagt alles. Von den Kreditkosten über die Aktienkurse bis hin zur Rendite für Staatsanleihen und nicht zuletzt den Kurs von Dollar und Euro.
Als ob das nicht genug wäre, goss zuletzt Trump Öl ins Feuer, als er die Fed bat, die Zinsen nicht zu schnell anzuheben. Der Präsident sorgt sich, dass höhere Zinsen die auch dank seiner Steuerreform auf Hochtouren laufende Konjunktur abwürgen könnten. Er brach mit dem Tabu, wonach sich die Politik nicht in das Tagesge- schäft der Zentralbanken einmischt. Wenn Powell in Jackson Hole den Mund öffnet, wartet die Finanzwelt also auch mit Spannung darauf, ob der wichtigste Geldpolitiker ausgerechnet jenem Präsidenten kontern wird, der ihn durch seine Nominierung erst heuer ins Amt gebracht hat. Der 65-Jährige löste im Februar die bei Trump in Ungnade gefallene Janet Yellen ab. Von seiner Vorgängerin übernahm Powell auch eine Bilanz, die auf mehr als vier Billionen Dollar gewachsen ist.
Im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank hat die Fed bereits vorsichtig begonnen, ihren Bestand an Anleihen zu reduzieren. Um die Märkte und die Konjunktur zu beeinflussen, kann sich die Notenbank nicht nur des Zins- satzes bedienen. Powell könnte auch eine schnellere Reduktion der Bilanzsumme in Aussicht stellen, was ebenfalls einer restriktiveren Geldpolitik entspräche und gleichzeitig die von Trump verhassten Zinsschritte vermiede.
Allerdings: Es wäre eine Sensation, würde Powell wegen Trump auch nur annähernd den Fed-Kurs ändern. Die Attacke des Präsidenten war schließlich nicht die erste. Bereits im Juli sprach sich Trump gegen weitere Zinsschritte aus. Damals traf das Fed-Komitee wenige Tage nach der Empfehlung des Präsidenten zusammen – und befand das Gegenteil. Wenn sich bis September keine Änderungen ergeben, „ist es passend, einen weiteren Schritt“zu gehen, hielten die Währungshüter fest.
Noch in den Sternen stehen indes die weiteren Schritte der EZB, und daran wird sich wohl auch in Jackson Hole wenig ändern. Zwar werden sich viele Ratsmitglieder die Bergluft von Wyoming nicht entgehen lassen. Öffentliche Auftritte sind jedoch unwahrscheinlich. Die EZB hat sich vor ihrer Sitzung im September ein Schweigegelübde auferlegt.
Freilich werden die Geldpolitiker auch informelle Gespräche führen, doch wird kaum eine Info Jackson Hole verlassen. Schließlich verpflichten die Veranstalter auch die anwesenden Journalisten zu einer Regel: Abgesehen von den offiziellen Reden sind alle Kommentare nur für Anwesende bestimmt. Weshalb auch jeder Wall-StreetBanker, der dabei sein darf, so gern mit seiner Einladung prahlt.