Regierung versperrt Asylwerbern den Zugang zu einer Lehre
Arbeitsmarkt. Die Koalition beendet die Debatte um abgeschobene Lehrlinge auf brachiale Weise. Für die Wirtschaft wird Ersatz versprochen. Deutschland geht ganz andere Wege.
Immer lauter klang in den letzten Wochen der Unmut aus der Wirtschaft gegen die Abschiebung von Asylwerbern, die eine Lehrausbildung machen. Nun beendet die Regierung die Diskussion auf brachiale Weise. Den Anfang machte Heinz-Christian Strache: Der „falsche Erlass“von 2012, der jungen Flüchtlingen eine Ausbildung in Berufen mit Lehrlingsmangel erlaubt, müsse fallen, erklärte der Vizekanzler und FPÖ-Chef in „Österreich“– womit sich die Frage künftig gar nicht mehr stellt. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal bestätigte: „Das Asylrecht soll nicht mehr mit einer Lehre umgangen werden können“. Den „Bedürfnissen der Wirtschaft“will man anders entsprechen: Lehrlinge sollen aus dem Ausland angeworben und für sie ein eigener Aufenthaltstitel geschaffen werden. Als „völlig realitätsfern und zynisch“bezeichnete Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn die Abschaffung in einer ersten Reaktion. Auf jeden Fall entfernt sich Österreich damit weit von den Entwicklungen in Deutschland. Hier ein Überblick über bestehende Modelle.
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Generell ist es Flüchtlingen hierzulande verboten, während ihres Asylverfahrens eine Arbeit anzunehmen. Eine Ausnahme besteht seit 2012 für junge Asylwerber: Sie dürfen eine Lehre in einem „Mangelberuf“ab- solvieren. Was aber, wenn sie während ihrer Ausbildung einen rechtskräftig negativen Asylbescheid erhalten? Laut Erlass sollte die Erlaubnis „für die gesamte Dauer der Lehrzeit“gelten. Eine Novelle des Berufsausbildungsgesetzes legte 2015 fest, dass abgelehnte Asylwerber auch mitten in der Lehre abzuschieben sind. Zu den ersten konkreten Fällen unter den rund 750 Flüchtlingen in Lehre kam es Anfang dieses Jahres, was einen Sturm der Entrüstung auslöste. Eine Petition dagegen kam auf über 36.000 Unterschriften. Der Tenor: Wieso nimmt man Betrieben, die unter Fachkräftemangel leiden, den Nachwuchs weg, den sie mit großem Aufwand zu gut integrierten Mitarbeitern geschult haben? Fast alle Länderwirtschaftskammern forderten die Duldung bis Abschluss der Ausbildung. Damit hätten die Jugendlichen wenigstens etwas, was sie in ihre Herkunftsländer mitnehmen könnten.
Lieber wäre es den Betrieben freilich, wenn sie – nach deutschem Vorbild – die fertig Ausgebildeten nach der Prüfung zumindest noch einige Zeit beschäftigen könnten. Zwar betonten auch einige Kammern: „Recht muss Recht bleiben“, das bestehende Asylrecht dürfe also nicht einfach ignoriert werden. Stattdessen solle ein eigener Aufenthaltstitel, wie schon bei Schülern und Studenten, geschaffen werden, im Rahmen eines „humanitären Bleiberechts“. Dieser Linie schloss sich, nach einigem Zögern, Ende voriger Woche auch Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer an.
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