Käufer wird Mogel-Auto nicht los
Abgasmanipulation. Fahrer eines Audi, der mit Schummel-Software versehen war, wollte Auto zurückgeben. Er blitzt vor Gericht ab, weil er es auch in Kenntnis des Schwindels gekauft hätte.
Wien. Während die Autobranche gebannt auf die Entwicklung der Autopreise ab 1. September wartet, ab dem nur noch Fahrzeuge mit Zertifizierung nach dem neuen Abgastestverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) verkauft werden dürfen, sind auch die Folgen des Abgasskandals für frühere Autokäufe noch nicht endgültig absehbar. Können Autokäufer ihre Fahrzeuge zurückgeben, wenn diese mit einer Abgaswert-schönenden Manipulationssoftware ausgestattet waren? Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat jetzt entsprechenden Hoffungen einen Dämpfer versetzt.
Der Kläger hatte am 5. März 2013 im Land Salzburg einen Audi Q3 quattro mit Dieselmotor gekauft. Ab Herbst 2015 wurde bekannt, dass VW bei verschiedenen Fahrzeugreihen des Konzerns Dieselaggregate mit einer speziellen Motorsteuerung eingebaut hatte, die Abgaswerte just während der Messung auf dem Prüfstand verbessern sollte. Der Fahrer des Audi – ebenfalls ein Auto aus dem Hause VW – wollte daraufhin sein Fahrzeug zurückgeben und den Kaufpreis von 31.008 Euro wiederbekommen. Denn in seinem Auto sei jene Manipulationssoftware verbaut gewesen, die bewirkt habe, dass zumindest die Stickoxidwerte nicht den Angaben im Typenschein entsprochen hätten. Der Hersteller hätte ihn damit vorsätzlich in die Irre geführt.
Haftung des Erzeugers möglich
Warum hat sich der getäuschte Kunde nicht an den Verkäufer gehalten, mit dem er immerhin in einer Vertragsbeziehung stand? Das erklärt sich wohl daraus, dass der OGH schon voriges Jahr (8 Ob 6/17s) eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck gebilligt hat, nach der „allfällige Manipulationen im Bereich des Herstellers“nicht dem Händler zurechenbar waren; denn der wusste vom später hervorgekommenen Schwindel genauswenig wie der Kunde.
Im neuen Fall hat der OGH aber festgehalten, dass ein Schadenersatz wegen Irreführung (nach § 874 ABGB) nicht zur Voraussetzung hat, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Irrefüh- renden und dem Irregeführten besteht. „§ 874 ABGB verpflichtet auch den selbst nicht vertragsbeteiligten Dritten zum Schadenersatz, wenn er den Vertrag durch List bewirkt hat.“Er müsse den Geschädigten so stellen, wie dieser ohne widerrechtliche Einwirkung auf den Willen stünde.
Und trotzdem ist für den Salzburger Audifahrer mit der OGHEntscheidung nichts gewonnen. Schon die Vorinstanzen waren nämlich davon überzeugt, dass der Mann das Auto genauso gekauft hätte, wenn er von der Manipulation gewusst hätte. Die Irreführung durch den Hersteller war somit gar nicht ursächlich für den Nachteil, den der Kläger erlitten haben will.
Ausgehend von diesen Feststellungen konnte der OGH keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts orten, „wenn es die Kausalität des angeblich vorsätzlich irreführenden Verhaltens der Beklagten für den geltend gemachten Schaden verneinte“(5 Ob 62/18f ). Damit erübrigte sich die Frage, ob VW für eine Rückabwicklung des Kaufes sorgen müsste. Und auch, ob der Kläger einen Anspruch gegen VW dadurch verloren hätte, dass der Hersteller ein Softwareupdate in die Motorsteuerung hat einspielen lassen.
Erste Instanz stellt die Weichen
Der Linzer Anwalt Michael Poduschka, Vertreter des getäuschten Autokäufers, bedauert, dass schon in erster Instanz die Weichen gegen eine Haftung von VW gestellt worden seien. Es komme in dieser Situation einzig und allein darauf an, ob der Richter dem Käufer glaubt, dass er in Kenntnis der wahren Umstände das Auto nicht genommen hätte. Wer nicht gerade als besonderer Verfechter des Umweltschutzes auffällt, tut sich da eher schwer. Zumindest vordergründig kam der Abgasschwindel ja auch den Kunden entgegen, indem die Normverbrauchsabgabe dadurch kleiner als bei einer realistischen Messung gehalten wurde.
Bis dato gibt es keine Entscheidung des OGH, mit der ein Autohändler oder VW zur Rücknahme eines Fahrzeugs mit manipulierten Abgaswerten verpflichtet worden wäre. Das schließt aber keineswegs aus, dass es in Einzelfällen durch außergerichtliche Vergleiche dazu gekommen sein könnte.