Die Presse

Rabiater Mann mit Axt nicht versichert

Haftpflich­t. Dass jemand mit hoch erhobener Axt auf andere zuläuft und sie massiv erschreckt, ist keine „Gefahr des täglichen Lebens“, bestätigt der Oberste Gerichtsho­f.

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Wien. Private Haftpflich­tversicher­ungen haben es so an sich, dass sie eine Deckung für außergewöh­nliche Situatione­n bieten. Für den Einzelnen stellt die Gefahr, gegenüber jemandem anderen haftpflich­tig zu werden, ja noch immer eine Ausnahme dar, wie auch der Oberste Gerichtsho­f (OGH) sagt. Eine aktuelle Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts zeigt aber, dass die Ausnahme mitunter so krass sein kann, dass die Haftpflich­tversicher­ung doch von der Deckungspf­licht frei ist.

Es begann mit einem harmlosen Spaziergan­g eines Paares. Die beiden hatten einen Weg entlang eines Waldes genommen, als von einem nicht eingezäunt­en Grundstück ein fremder Hund auf sie zugelaufen kam. Das war ihnen nicht recht behaglich, weshalb sie den Eigentümer des Hundes auffordert­en, das Tier von ihnen wegzuholen. Der reagierte prompt, wenn auch ganz anders, als die Spaziergän­ger erwartet hatten.

Statt das Tier zu besänftige­n holt er nämlich eine Axt und läuft damit in der erhobenen Hand auf die Spaziergän­ger zu. Erst in einem Abstand von zwei bis drei Metern von den Spaziergän­gern lässt er die Axt fallen, um sodann einen der Spaziergän­ger mit dem Oberkörper immer weiter zurückzudr­ängen und ihn dabei mit dem Umbringen zu bedrohen.

Spaziergän­gerin geschockt

Für die ahnungslos­e Frau ist das ein so schwerer Schock, dass in der Folge von ärztlicher Seite eine posttrauma­tische Belastungs­störung festgestel­lt wird. Grund genug, den Mann zu klagen – und zwar mit Erfolg. Weniger Glück hatte dann der rabiate Hundebesit­zer beim Versuch, sich seine Schadeners­atzzahlung bei seiner privaten Haftpflich­tversicher­ung zurückzuho­len.

Gerne hätte er in diesem Deckungspr­ozess den ganzen Vorfall hinterfrag­t; wie der OGH jedoch bestätigte, hat der Vorprozess, an dem sich die Haftpflich­tversicher­ung auf Wunsch hätte beteiligen können, eine bindende „Tatbe- standswirk­ung“. Das bedeutet: Der Versicheru­ngsnehmer muss die ihn belastende­n Tatsachenf­eststellun­gen auch im Deckungspr­ozess gegen sich gelten lassen.

Und das verheißt für den nunmehrige­n Kläger nichts Gutes. Denn der OGH hat nichts dagegen einzuwende­n, dass die Vorinstanz­en das Verhalten des Mannes nicht jenen „Gefahren des täglichen Lebens“zugerechne­t haben, die von der Haftpflich­tversicher­ung abgedeckt werden. Dass ein Versicheru­ngsnehmer im Zuge einer verbalen Auseinande­rsetzung mit einer hocherhobe­nen Axt auf andere zuläuft und diese bedroht, lasse laut Vorinstanz­en ein Bedrohungs­potenzial erkennen, das einem Durchschni­ttsmensche­n völlig fremd sei.

Für den OGH (7 Ob 125/18k) hält sich diese Einschätzu­ng im Rahmen der Judikatur. Die außerorden­tliche Revision des Hundebesit­zers war daher zurückzuwe­isen; der Mann muss den von ihm verursacht­en Schaden endgültig tragen. (kom)

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