Fraueninitiativen brauchen mehr Unterstützung und neue Agenda
Die Streichung von Förderungen führte zu einem Aufschrei unter Feministinnen. Zu Recht. Allerdings sollten diese ihre Agenda dringend überdenken.
Die Frage der Gleichberechtigung ist noch lange nicht erledigt. Daher ist der Protest verständlich, den Frauenvereine und -initiativen gegen die Kürzungen ausgerechnet der Frauenministerin anmeldeten. Und es mutet auf den ersten Blick kleinlich an, da 5000 und dort 10.000 Euro einzusparen. Das schmeckt nach Revanche oder ideologisch motiviertem Kahlschlag. Im Gegenteil bräuchten Initiativen, Vereine und Institutionen, die sich um Frauenrechte und Frauenschutz kümmern, noch viel mehr Geld und Unterstützung. Allerdings bedarf es einer selbstkritischen Reflexion, ob die Agenda noch stimmt.
Seit den 1970er-Jahren hat sich sehr viel bei der Situation der Frauen in Österreich geändert. Damals hatten wir eine relativ homogene Gesellschaft mit alten, patriarchalen Strukturen. Der Mann als Haupt der Familie konnte – zumindest in der Theorie – bestimmen, wo die Ehefrau wohnt, ob sie außer Haus arbeitet oder zu Hause bleibt. Dass Frauen schlechter bezahlt wurden als Männer, war selbstverständlich. Gewalt in der Ehe war ein Tabuthema, Frauenhäuser waren faktisch nicht existent. Unverheiratete Frauen ohne Kinder wurden scheel angesehen. Seither hat sich gewaltig viel getan, vieles hat sich zum Positiven verändert, auch infolge der Hartnäckigkeit der Feministinnen.
Mittlerweile ist der Feminismus der 1970er-Denkschule in vielen Bereichen allerdings ins Irrationale abgehoben. So etwa beim Gender-Thema. Was bringt es konkret für die Sache der Frauen, wenn man ihnen sagt, sie könnten sich ihr Geschlecht ohnehin aussuchen, denn dies sei nur ein Konstrukt? In etlichen Bereichen lebt „frau“offenbar in einer Blase von ausschließlich Gleichgesinnten, die aggressiv auf all jene reagieren, die nicht ihr Lebensmodell teilen, sondern ein anderes bevorzugen. Diese intolerante und einseitige Agenda ist etwa der Grund, warum viele Frauen das Frauenvolksbegehren nicht unterstützen.
Der Realitätsverlust zeigt sich vor allem bei den rasanten gesellschaftlichen Veränderungen, die sich im Zuge der Mi- gration vollziehen. Hier verschließen viele Feministinnen der „alten“Schule schlicht die Augen vor den massiven Problemen und dem archaischen Frauenbild, das in etlichen der Herkunftsländer noch – oder vielmehr wieder – herrscht und das auch nach Europa importiert wird. In den 1970ern waren Ehrenmorde, Zwangsheirat und Verschleierung eben (noch) kein Thema. Heute sind wir damit konfrontiert und reagieren verunsichert und verstört. Kritik an diesen „Traditionen“wird in Bausch und Bogen als „xenophob“motiviert verdammt. Aber kann man deshalb einfach wegschauen?
Die Errungenschaften in der Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit von Frauen sind akut bedroht, wenn dies alles ignoriert wird. Doch die Schere zwischen den Anliegen der Feministinnen in der Schule der 1970er-Jahre und der realen Lebenssituation vieler Frauen heute geht immer weiter auf: Auf der einen Seite wird über die soziale Konstruktion von Geschlechtern debattiert, auf der anderen werden mitten in Österreich Mädchen zu Hause eingesperrt, gegen ihren Willen verheiratet oder im Weigerungsfall gar ermordet. Gewalt gegen Frauen ist noch immer ein zentrales Thema, ob bei Inländern oder Zuwanderern. Frauenrechte und die Würde der Frau werden dabei so fundamental ignoriert, dass einem der Atem stockt. Und das erzeugt massive Verunsicherung und Ängste bei den Frauen, die dachten, es ginge nur mehr um Gehaltsfragen.
Deshalb ist es legitim und wichtig, dass Frauenvereine und Institutionen, die sich um Frauenfragen kümmern, sich gegen Kürzungen wehren und mehr Unterstützung einfordern. Allerdings bedarf es eines Sinns für die geänderten und teilweise dramatisch verschlechterten Lebenssituationen von Frauen. Denn sonst führt man bloß akademische Diskurse, während in der Lebensrealität die fundamentalsten Frauenrechte mehr und mehr in Frage gestellt oder einfach negiert werden.