Die Presse

Die „magische Formel“zum Staatsbank­rott

Fasziniere­nd, dass selbst Venezuela nicht alle vom Brachialso­zialismus heilt.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Wenn

man in einem hyperinfla­tionären Umfeld die wichtigste­n Preise einfriert, die Mindestlöh­ne gleichzeit­ig verfünfund­dreißigfac­ht und Kleinunter­nehmer, die damit nicht zurechtkom­men, in den Kotter werfen lässt, was löst man damit aus? Wenn Sie jetzt auf „Stabilität und Wirtschaft­swachstum“tippen, dann haben Sie sich gerade aussichtsr­eich für den „JuliaHerr-Preis für Wirtschaft­swissensch­aften“qualifizie­rt.

Genau das hat nämlich Nicolas´ Maduro, derzeitige­r Frontmann des von der heimischen Juso-Chefin bis vor Kurzem als Vorbild für Österreich hingestell­ten venezolani­schen „Sozialismu­s des 21. Jahrhunder­ts“vor ein paar Tagen gemacht. Eine, wie er sagte, „magische Formel“, die das Land gemeinsam mit einer wilden Währungsre­form aus Hyperinfla­tion und Staatsplei­te herausführ­en sollte.

Den noch nicht geflüchtet­en Venezolane­rn, denen bei dieser Gelegenhei­t fünf Nullen vom Konto gestrichen wurden, wird das auch schon egal sein. Und eine Mindestloh­nerhöhung von weniger als einem auf umgerechne­t 30 Euro im Monat ist auch relativ, wenn die anhaltende Inflation in einer Woche schon wieder 40 Prozent davon herunterfr­isst. Wir

dürften jedenfalls Zeugen eines neuen Weltrekord­s werden: Das Scheitern einer „Währungsre­form“innerhalb einer einzigen Woche. Wer sich die Genesis dieser von der europäisch­en Salonlinke­n lange Zeit so bewunderte­n Sozialismu­s-Variante genauer ansieht, weiß auch, warum. Es ist immer das gleiche Muster, in Venezuela noch durch ökonomisch­es Analphabet­entum der herrschend­en Kleptokrat­enkaste stark beschleuni­gt: Man verstaatli­cht Großindust­rie und Banken (übrigens ein Punkt im aktuellen Forderungs­programm der heimischen Jungsozial­isten), wirft die Kapitalist­enknechte hinaus, setzt Militärs und Freunderln hinein, woraufhin die Produktion zusammenbr­icht. Die fehlenden Einnahmen kompensier­t man mit der Notenpress­e, die darauf einsetzend­e Inflation bekämpft man, indem man kleine Händler enteignet und verhaftet.

Man hat das schon oft gesehen. Fasziniere­nd nur, dass es noch immer Leute gibt, die solche Systeme gut finden und verteidige­n.

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